Der Befund eines überhitzten Immobilienmarktes durch die Österreichische Nationalbank OeNB ist nicht brandneu. Aber so viel Raum wie bei der Online-Pressekonferenz am Mittwoch hat das Thema bisher noch nie eingenommen. Die OeNB-Spitze kann sich jetzt grundsätzlich verbindliche Kreditvergaberegeln vorstellen. Denn während die Immo-Preise im Euroraum heute im Schnitt um ein Drittel höher sind als 2010, haben sich die Preise in Österreich immerhin verdoppelt.

Teilweise sei das ein Nachholeffekt etwa in Wien im Vergleich zu anderen Großstädten, so OeNB-Gouverneur Robert Holzmann. Der Internationale Währungsfonds IWF hat den nicht zuletzt durch Nullzinsen und fehlende Anlagealternativen in Österreich massiv befeuerten Markt inzwischen auch schon auf dem Radarschirm. „Verordnen“ kann die Nationalbank Kreditvergaberegeln nicht. Zuständig ist das mit Experten verschiedener Sektoren besetzte Finanzmarktstabilitätsgremium, das die Nationalbank mit einer Analyse beauftragt hat, die noch läuft.

OeNB-Vizegouverneur Gottfried Haber sieht einerseits mit dem Blick auf andere Länder keinen Grund, solche Standards nicht einzuführen. Andererseits „darf man das nicht leichtfertig und voreilig machen“, sagt er. Immerhin treffe das Menschen, die sich Wohneigentum schaffen wollen.

Mindestens 20 Prozent Eigenmittel

Markus Schweiger, Abteilungsleiter in der Nationalbank, listet die Empfehlungen und möglichen künftigen Vergabekriterien auf: Immobilienkäufer sollten mindestens 20 Prozent des Preises durch Eigenmittel decken, die monatliche Belastung sollte höchstens bei 40 Prozent des Nettoeinkommens liegen, der Zins sollte nicht variabel sein. Das Eigenmittel-Kriterium erfüllt derzeit mehr als die Hälfte der Kreditnehmer nicht, ein Viertel der Kreditnehmer muss mit mehr als 40 Prozent des Netto-Einkommens den Kredit zurückzahlen.

Haber betont aber, dass es nur minimale Ausfälle gebe: „Die Situation ist stabil und gut.“ Von einer gefährlichen Immobilienblase, die beim Platzen die Stabilität des Finanzsektors gefährden könnte, sei nicht die Rede, wurde mehrfach klargestellt. OeNB-Chefökonomin Birgit Niessner begründet das auch mit dem niedrigen Zinsniveau und der vergleichsweisen niedrigen Arbeitslosigkeit.

Kreditnachfrage: plus 4,5 Prozent

Insgesamt verzeichnen Österreichs Banken heuer eine um 4,5 Prozent höhere Kreditnachfrage, gleichzeitig sinkt die Zahl der notleidenden Kredite, im ersten Halbjahr wurden Rekordgewinne eingefahren. Laut dem OeNB-Finanzmarktstabilitätsbericht ist der Sektor sogar bei einem schweren wirtschaftlichen Einbruch schockresistent. Einen solchen Einbruch sieht man genauswenig wie eine Pleitewelle, der Lockdown bremse das Wachstum heuer nur um wenige Zehntelprozentpunkte. Holzmann: „Man hat gelernt, mit der Krise umzugehen.“