"Freunde" waren die Geschäftspartner Lenzing und Palmers schon nicht mehr, als Anfang März die Ermittler der Wirtschafts- und Korruptionsstaatanwaltschaft mit Bolzenschneidern und Rammbock am Produktionsstandort Wiener Neudorf auftauchten. Lenzing hätte mit dem Skandal um chinesische Masken, die als österreichische in den Markt gingen, am liebsten nichts zu tun gehabt. Bei der Bilanzpräsentation des Börse notierten Konzerns drehten sich die meisten Fragen um die Hygiene Austria. Bei der Hauptversammlung am 14. April kann sich Lenzing Fragen der Aktionäre elegant mit dem Hinweis auf den Verkauf seines 50,1prozentigen Anteils ersparen.

Beim Kaufpreis, der nicht genannt wird, soll es nicht um einen symbolischen, sondern namhaften Millionenbetrag gehen. Zahlen muss ihn Palmers-Chef Tino Wieser allerdings nicht jetzt. Es wurde ein "vorläufiger Kaufpreisverzicht" vereinbart. Ziel ist, die Hygiene Austria   so finanziell besser auszustatten und unter neuen Vorzeichen weiterlaufen zu lassen. Dafür werden zwei neue, von beiden Unternehmen völlig unabhängige Geschäftsführer eingesetzt.Claudia Witzemann und Michael Schleiss haben ihre Jobs am Karfreitag angetreten. Nächste Woche wollen sie sich auch über die Zukunftsstrategie äußern.

Neue Ausschreibung für Zeitarbeitsfirmen

Fix dürfte sein, mit einer ähnlich großen Mannschaft wie bisher zu produzieren. Der Bedarf an FFP2-Masken wird weiterhin als sehr groß eingestuft. Zusätzlich zu den 20 eigenen Mitarbeitern sollen auch künftig wieder rund 200 Leiharbeiter beschäftigt werden. Die Verträge für die Arbeitskräfteüberlassung werden neu ausgeschrieben. Dabei sollen nur Unternehmen "mit höchsten Qualitätsansprüchen" zum Zug kommen.  Auch damit soll offenkundig ein gewisser Strich unter die Vergangenheit gezogen werden, geht doch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft neben dem Verdacht auf schweren gewerbsmäßigen Betrug auch dem Vorwurf "organisierter Schwarzarbeit" nach.

Hygiene Austria hat die Masken zudem noch einmal prüfen und zertifizieren lassen. Sowohl die in Österreich hergestellten als auch die aus China zugekauften seien in "jeder Hinsicht" als technisch einwandfrei beurteilt worden, heißt es in einer Mitteilung von Lenzing. Die erforderliche CE-Kennzeichnung wurde ebenfalls bestätigt, sie ist für den Verkauf der Masken wichtig.

"Es wurden in der Umsetzung Fehler gemacht"

Stephan Sielaff, der Anfang März für die Lenzing nach Wiener Neudorf beordert worden war, berichtet "von intensiven Wochen", in denen man die "zentralen Mängel festgemacht" und "gemeinsam mit Palmers in Angriff genommen" habe. Was wo schief gelaufen ist, sagt er allerdings nicht. Lenzing räumt lediglich ganz allgemein ein: "Bei der Hygiene Austria wurden in der Umsetzung Fehler gemacht." Für die Zukunft werde man daraus entsprechende Lehren ziehen. So werde man auch für Kleinprojekte ein vollumfängliches Beteiligungsmanagement aufsetzen.

Die vor einem Jahr gegründete Hygiene Austria sollte eine rot-weiß-rote Erfolgsstory werden, eine blitzartig in Österreich aufgezogene Maskenproduktion, die den Bedarf im eigenen Land deckt. Ursprünglich hatte Hygiene Austria einen Großauftrag vom Bund erwartet. Der kam laut früheren Angaben von Palmers-Chef Tino Wieser aber nicht, worüber er heute möglicherweise froh ist. Denn die Büroleiterin von Sebastian Kurz ist Ehefrau von Tino Wiesers Bruder Luca. Der Verein für Konsumenteninformation hat im Auftrag des Sozialministeriums bereits beim Handelsgericht eine Klage eingebracht, weil die China-Masken als "Made in Austria" verkauft wurden.

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