Bei der Buchbinderei  Gutmann trifft alte Handwerkskunst auf neue technische Möglichkeiten
Bei der Buchbinderei Gutmann trifft alte Handwerkskunst auf neue technische Möglichkeiten © Tamara Mednitzer

In die Buchbinderei Gutmann verläuft man sich nicht aus Zufall. Sie liegt gut versteckt hinter dem Kirchenwirt von Fernitz – von der Straße aus nicht einsehbar. Diese Abgeschiedenheit von den Fußgängern im Zentrum der Gemeinde ist allerdings schnell vergessen, sobald man das Unternehmen betritt. Drinnen geht es zu wie in einem Bienenstock – eine Vielzahl an Büchern in unterschiedlichen Herstellungsstadien liegt säuberlich sortiert auf Rollwägen. In einzelnen Stationen schaffen die Mitarbeiter Schritt für Schritt fertige Bücher, Künstlermappen, Kassetten und mehr. Die Kassetten und Künstlermappen werden je nach Kundenwunsch mit speziellen Materialien und Veredelungstechniken individuell gefertigt.

Jeder Handgriff sitzt dabei millimetergenau – das Team ist gut eingespielt, das merkt man sofort. Zwei Frauen stellen so gerade Bucheinbanddecken her. Während die eine das Überzugspapier leimt und die Rückeneinlage sowie die zwei Buchdeckeln anbringt, umschlägt die zweite die Ränder des Überzugspapiers. „Jetzt muss der Buchblock nur noch mit der Buchdecke verbunden werden – wir nennen das ‚Einhängen‘“, erklärt Maria Walter. Die Geschäftsführeri­n der Buchbinderei Gutmann leitet den Betrieb seit 16 Jahren. „Den Beruf der Buchbinderin habe ich auf dem zweiten Bildungsweg erlernt. Zuvor war ich als Lehrerin tätig. Nach meiner Karenz wollte ich mich umorientieren“, erinnert sich die Buchbindemeisterin. Aufgrund ihrer Begeisterung für handwerk­liches Arbeiten entschied sie sich für eine Lehre in der Buchbinderei Gutmann.

Hier sitzt jeder Handgriff millimetergenau
Hier sitzt jeder Handgriff millimetergenau © Tamara Mednitzer

Als ihr Lehrmeister schließlich in Pension ging und niemand von seiner Familie den Betrieb weiterführen wollte, stand für Maria
Walter fest, dass sie die Buch­binderei übernehmen würde. „Der Anfang war nicht leicht. Die Buchbinderei ist eine Männerdomäne – als Frau wird man nicht ernst genommen. Aber fachliches Wissen und handwerkliches Können setzen sich schließlich doch durch.“ Bis heute hat Maria keine einzige Werbung geschaltet – ihre zahlreichen Kunden kommen rein durch Mundpropaganda zu ihr. „Viele Aufträge bekommen wir direkt von Druck­ereien oder durch Agenturen. Gerade wenn außergewöhnliche Formate oder Sonderanfertigungen gefragt sind, die durch Maschinen einfach nicht hergestellt werden können, kommen wir zum Einsatz.“ Oftmals muss man auch etwas tüfteln, um die Vorstellungen der Kunden umzusetzen. „Dadurch, dass alle meine Mitarbeiter wirklich top sind, können wir auch ausgefallene Kundenwünsche ohne Probleme erfüllen. Bis auf zwei aus dem Team ist jeder Meister.“ So entstehen in der Werkstatt zum Beispiel besondere Einbände mit ausgestanzten Formen, Skulpturen aus Papier, Bücher mit einem dreiseitigen Farbschnitt oder mit sichtbarer Faden­­­­­­­­­­­­­­­heftung.

Auch die Reparatur von alten Büchern ist bei Gutmann möglich. „Die Reparatur von alten Büchern führen bei uns Andrea Hasenhütl und Andera Wimmer durch. Andrea Hasenhütl wird nächstes Jahr gemeinsam mit Karl Maieregger den Betrieb übernehmen. Die beiden sind Koryphäen auf ihrem Gebiet und informieren sich ständig über neue Techniken. Gemeinsam werden sie in der Zukunft die Buch­binderei erfolgreich leiten“, ist sich Maria Walter sicher.