Der jüngste Lockdown trifft Österreich wirtschaftlich und emotional schwer. Was bekommen Sie jetzt zu hören?
WOLFGANG KATZIAN: Viele Menschen sind angefressen und frustriert, sie können nicht mehr, Einkommens- und Existenzängste kommen dazu. Kein Unternehmen muss Mitarbeiter hinausschmeißen. Ich appelliere, die Menschen in Beschäftigung zu halten. Am Freitag haben wir die Kurzarbeit bis Ende März verlängert.

Ist der Bonus von 500 Euro bei Langzeit-Kurzarbeit nur ein Tropfen auf den heißen Stein?
500 Euro ist mehr als nichts, aber es ist eine einmalige Geschichte. Wenn es die Corona-Kurzarbeit über den 31. März hinaus weitergeben soll, wird man reden müssen, was man noch tun muss. Dann war das sicher nicht der letzte Bonus.

Sollen auch Arbeitslose erneut Einmalzahlungen bekommen?
Für uns steht die Anhebung des Arbeitslosengeldes auf 70 Prozent im Zentrum, das Einmalgeschicht’l hat sich die Regierung ausbaldowert. Mit mir kann man über degressive Modelle diskutieren, nur unter 55 Prozent wird es sicher nicht gehen.

Wie sehen Sie die Performance der Regierung in dieser Phase?
Es ist nicht meine Aufgabe, Haltungsnoten zu verteilen.

Manche sagen, man hätte diese Lage verhindern können, hätte man die Krise besser gemanagt.
Es war absolut verfrüht vor dem Sommer zu sagen, das sei eh schon gelaufen. Man hätte anders vorgehen müssen, das betrifft ganz besonders die Testkapazitäten. Wir haben die größten Probleme mit der zum Teil verheerenden Infrastruktur.

Befürworten Sie die Impfpflicht für alle uneingeschränkt?
Es ist nicht mein Job eine Impfpflicht zu befürworten. Wir empfehlen die Impfung allen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Wir würden alles unterstützen, um die Impfquote auf freiwilliger Basis nach oben zu bringen. Die Entscheidung für Impfpflicht und Lockdown hat die Regierung mit den Landeshauptleuten getroffen.

Und unterstützen Sie diese?
Wenn ein Vorschlag am Tisch ist, ist der zu bewerten. Wie stellen die sich das vor? Da gibt es viele Fragen. Als ÖGB werde ich mich hier nicht positionieren. Momentan geht da nur ein Schlagwort herum, das ist mir zu wenig.

Welche Fragen sind offen?
Es sind alle Fragen offen. Kein Mensch weiß, was Impfpflicht genau heißt.

Wäre 2G am Arbeitsplatz eine Alternative zur Impfpflicht?
Wir haben jetzt 3G am Arbeitsplatz und das funktioniert hinten und vorne nicht, weil es keine gescheite Testinfrastruktur gibt außerhalb Wiens.

Die Spaltung der Gesellschaft erlebt man auch in Werkshallen und Büros – wie können die tiefen Gräben überwunden werden?
Mit jeder Maßnahme, mit jedem Schritt, verschärfen sich die Positionen. Man muss auf die Sorgen und Ängste eingehen und nicht jeden, der sich fürchtet, als Trottel hinstellen.

Schwächt der Lockdown mit Rückschlägen für die Wirtschaft die Position der Arbeitnehmer in den weiteren Herbstlohnrunden?
Die Herbstlohnrunden sind bisher sehr gut gelaufen. Ich denke nicht, dass der jetzige Lockdown negative Auswirkungen hat. Insgesamt ist die Lage der Wirtschaft, sehr, sehr gut – die Leute haben es verdient, dass sie das nach 21 Monaten Corona gescheit im Geldbeutel spüren.

Wäre ein verkaufsoffener Sonntag am 19. 12. der Türöffner für weitere Sonntagsöffnungen?
Die GPA hat in Anbetracht der besonderen Situation erklärt, gesprächsbereit zu sein, aber fix ist nix. Eine der roten Linien ist, dass alle Beteiligten klarstellen müssen, dass es sich um eine einmalige Sondersituation handelt. Außerdem sollen nur jene Geschäfte aufmachen dürfen, die im Lockdown zuhatten. Dass es eine generelle Sonntagsöffnung geben wird, kann ich mir nicht vorstellen, das ist ein absolutes NoGo.