Die Stimmung beim Auftakt der wichtigen Metaller-Lohnrunde war schon deutlich angespannter als heuer. Aber so schnell wie im Krisenjahr 2020, als sich die Verhandler blitzartig einigten, werden die Gespräche heuer nicht über die Bühne gehen.

PRO-GE Chefverhandler Rainer Wimmer und der Bundesgeschäftsführer der GPA-djp Karl Dürtscher (L.)
PRO-GE Chefverhandler Rainer Wimmer und der Bundesgeschäftsführer der GPA-djp Karl Dürtscher (L.) © APA/HERBERT PFARRHOFER

Um 11:00 Uhr hatten die Gewerkschaften Pro-Ge und GPA ihre Forderungen für die Kollektivvertragsverhandlungen in der Metalltechnischen Industrie überreicht. Traditionell folgten dann erste Gespräche hinter verschlossenen Türen. Um 12 machten die Belegschaftsvertreter ihre Forderungen dann auch öffentlich. PRO-GE-Chef Rainer Wimmer: "Die wirtschaftliche Lage in der Metallindustrie war ja außergewöhnlich gut. Wir haben ein kräftiges Wachstum, volle Auftragsbücher, die Unternehmen verdienen gutes Geld." Zudem verwies er auf die "horrend hohe Inflation". "Wir brauchen heuer einen ordentlichen Reallohnzuwachs", begründete Wimmer die anschließende Forderung nach 4,5 Prozent mehr Lohn.

Zur Ausgangslage: Die Jahresinflationsrate der vergangenen zwölf Monate, die neben dem Produktivitätszuwachs die Verhandlungsbasis für den jährlichen Kollektivvertrag (KV) bildet, lag bei 1,89 Prozent. Aktuell beträgt die Teuerungsrate 3,2 Prozent. Im Vorjahr wurde bei einer Jahresinflationsrate von 1,4 Prozent mit einem KV-Plus von 1,45 Prozent abgeschlossen. Der Mindestlohn in der Metallindustrie liegt bei 2.000 Euro brutto. Wimmer sieht gute Gründe für eine kräftige Erhöhung, vor allem, weil die Produktivität deutlich gestiegen und die Lohnstückkosten gesunken seien. "Die Unternehmen haben das Krisenjahr wesentlich besser verdaut als gedacht", so der Chefverhandler für die Gewerkschaft der Privatangestellten, GPA, Karl Dürtscher.

Neben der Forderung der Lohn- und Gehaltserhöhung von 4,5 Prozent will die Gewerkschaft zudem die Zulagen für die Nachtschicht kräftig erhöht wissen, vor allem jene der 2. und 3. Schicht. Auch bei den Lehrlingseinkommen sollen die Arbeitgeber mehr Geld in die Hand nehmen, um mehr junge Menschen für Metall-Jobs zu begeistern, argumentiert Dürtscher. Konkret verlangt die Gewerkschaft 1000 Euro im ersten Lehrjahr, 1300 Euro im zweiten, 1600 Euro im dritten und 2000 Euro im vierten.

"Hätten uns mehr Verantwortungsgefühl gewünscht"

Christian Knill, Obmann des Fachverbandes Metalltechnische Industrie, der am Vormittag noch mit den Gewerkschaftsvertretern gescherzt hatte, reagierte im Gespräch mit der Kleinen Zeitung leicht gereizt auf die Forderungen der Gewerkschaft. "Ich war zwar nicht so überrascht davon, dass es mich vom Sessel gehauen hätte, aber ich hätte mir von der Gewerkschaft schon mehr Verantwortungsgefühl gewünscht." Die Forderung nach 4,5 Prozent mehr Lohn sei "vollkommen überzogen".

Knill: "Die Gewerkschaften agieren so, als gebe es kein Gestern und kein Heute. Wir dürfen nicht vergessen, woher wir kommen", verweist Knill auf den tiefen Einbruch 2020. "Diese schwerste Krise seit Jahrzehnten, die ist noch nicht vorbei", so Knill. Der Produktionswert in der Metalltechnischen Industrie sei 2020 um elf Prozent eingebrochen, heuer liege das Plus bei 9,3 Prozent und erst 2022 werde das Vorkrisenniveau wieder erreicht.

"Fordern nichts, was wir nicht begründen können"

Rainer Wimmer, Chef der Produktionsgewerkschaft, kontert: "Wir fordern immer sehr nahe an der Realität und glauben, dass ein Lohnplus von 4,5 Prozent machbar ist. Wir fordern nichts, was wir nicht begründen können." Die Ökonomen hätten Rückenwind gegeben. "Wir werden heuer von den Wirtschaftsforschern ja richtig gepusht und aufgefordert, dass wir da jetzt ein bissl draufdrücken", so Wimmer. Dürtscher: "Die Arbeitgeberseite hat sich in den vergangenen Wochen redlich bemüht nach Argumenten zu suchen, dass es nicht so gut läuft." Wenn aber auch immer der Fachkräftemangel angeführt werden, müsse man dem entgegenhalten, dass man das Rennen um die besten Köpfe nicht mit Lohndumping gewinne. 

Das Metallgewerbe hat seine Wünsche bereits am Dienstag überreicht, Details dazu gibt es noch nicht.

Vorsicht vor zu starker Euphorie

Wirtschaftsforscher Helmut Hofer vom IHS hatte sich in den vergangenen Tagen ebenfalls ungewöhnlich deutlich zu Wort gemeldet:  "Man erwartet ja auch für nächstes Jahr ein relativ gutes Bild, also ist zweieinviertel Prozent sicherlich tragbar und wird wahrscheinlich sogar höher werden, nehme ich an."

Die hohe Inflation berge in Hinblick auf die Lohnverhandlungen eine „gewisse Gefahr“, hatte kürzlich der Volkswirtschaftsprofessor Michael Steiner im Gespräch mit der Kleinen Zeitung erklärt. „Man muss schon aufpassen, dass man da nicht in eine zu starke Euphorie verfällt.“ Eine Lohn-Preis-Spirale – sehr hohe Lohnabschlüsse, die wiederum die Preise befeuern – gelte es zu verhindern. Die jüngsten Inflationszahlen seien aus seiner Sicht „nicht so erschreckend, wie es aussehen mag. Er rechne dennoch mit einem  „ordentlichen Lohnabschluss“, dem aber heuer durchaus intensive Verhandlungen vorausgehen dürften.