Die Zahl von Unternehmensinsolvenzen hat sich in der Steiermark mehr als halbiert, wie eine Hochrechnung des Kreditschutzverbandes von 1870 (KSV) für das erste Halbjahr aufzeigt. Konkret waren es steiermarkweit in den ersten sechs Monaten des Jahres demnach 126 Unternehmenspleiten (92 eröffnete Insolvenzverfahren, 34 mangels Masse nicht eröffnet), ein Minus von rund 51,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Im Vergleich zum Jahr 2019, dem bis dato letzten „Normaljahr“, betrage das Minus sogar 55 Prozent, teilt der KSV mit. Gleichzeitig seien die geschätzten Verbindlichkeiten überproportional stark um rund 73 Prozent auf 53 Millionen Euro zurückgegangen. Ebenfalls rückläufig entwickelt hat sich die Zahl der betroffenen Dienstnehmer, die auf 846 (minus 37 Prozent) gesunken sei.

"Schuldenberg vergrößert sich fortlaufend"

„Seit Beginn des ersten Lockdowns vor mehr als 15 Monaten gibt es pro Woche um die Hälfte weniger Unternehmensinsolvenzen als vor der Krise – und das in Zeiten der größten Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg“, streicht René Jonke, Leiter KSV1870 Region Süd, hervor. Verantwortlich dafür seien aus Sicht der Kreditschützer "die künstlichen Eingriffe der Bundesregierung, dank dieser sich zahlreiche Unternehmen in einer trügerischen Sicherheit wähnen". Zwar gehe "vorübergehend die Zahl der Insolvenzen zurück, gleichzeitig vergrößert sich jedoch der Schuldenberg der Betriebe fortlaufend". Die Prognose des KSV: An dieser Konstellation wird sich aufgrund der angekündigten „Safety Car Phase“ für Steuerschulden, die ab kommenden Juli für drei Monate geplant ist, vorläufig wenig ändern. Denn dadurch verlängere sich für Unternehmen nur die Möglichkeit, die Rückzahlung ihrer Schulden hinauszuzögern.

"Gießkanne beiseite stellen"

„Um den Schaden für Österreichs Wirtschaft nicht weiter in die Höhe zu treiben, sollte die Regierung die Gießkanne beiseite stellen und die finanzielle Unterstützung von jenen Firmen beenden, die nach Ende der Hilfsmaßnahmen ohnehin in die Insolvenz schlittern werden. Viel besser wäre es, jene Betriebe gezielt mit Liquidität zu stärken, die eine reelle Überlebenschance haben – etwa im Rahmen einer Sanierung, so kann dann noch eine Rettung gelingen, wenn zulange gewartet wird, dann bleibt oft nur noch die Liquidation“, sagt Jonke. Nicht zu unterschätzen sei auch der Faktor Wettbewerb, "teilweise wird der durch künstlich am Leben gehaltene Unternehmen verzerrt", so Jonke.

Einen "Insolvenz-Tsunami" in der Steiermark befürchtet Jonke indes nicht.  "Vielmehr erwarten wir für den Herbst 2021 eine Rückkehr zum Insolvenzniveau wie vor der Krise. Zum Jahresende hin wird die Zahl der Insolvenzen sich im Bereich des Vorjahresergebnisses bewegen und in Summe wohl darunter zum Liegen kommen." Für 2022 rechnet man beim KSV mit einer Rückkehr zu einem „normalen“ Insolvenzaufkommen, wie es aus der „Vor-Corona-Zeit“ bekannt gewesen sei. „In den kommenden Monaten werden erste Nachzieheffekte in überschaubarem Rahmen erkennbar sein, die sich definitiv ins Jahr 2022 und darüber hinausziehen werden“, erklärt Jonke.