Wie haben Start-ups das Corona-Jahr 2020 überstanden, was erwartet Gründer 2021?

WERNER WUTSCHER: 2020 war extrem herausfordernd,  die Start-ups standen gleichwohl besonders  stark im Fokus der Angel Investoren. Business Angels stellten überdurchschnittlich viele Mittel für Start-ups bereit, zugleich hatten auch  mehr als die Hälfte von ihnen  mit Exits Erfolg. Unsere jährliche Befragung von 130 Business Angelinas und Angels deutet auf eine hohe Investitionsbereitschaft im Jahr 2021 hin. Mehr als 87 Prozent möchten in mindestens ein Startup im Jahr 2021 investieren und rund 40 Prozent  der Business Angels erwarten mindestens einen Exit. Jedoch wird auch prognostiziert, dass mehr als die Hälfte der Investorinnen und Investoren für einige ihrer Portfoliounternehmen langfristige finanzielle Schwierigkeiten aufgrund der Krise sehen.

Der von der Bundesregierung beim aws aufgelegte Start-up Hilfsfonds in Höhe von 50 Millionen Euro war aber nach zwei Monaten ausgeschöpft.

Ja, aber die Mittel aus dem Hilfsfonds haben sofort weitere 50 Millionen Euro privates Kapital aktiviert. Das beweist, das genug Geld da ist, nicht nur für Start-ups, sondern vor allem auch für den Restart der KMU. Dabei wären aber steuerliche Anreize für Investoren wichtig. Das Geld aus dem Hilfsfonds war auch kein verlorener Zuschuss, sondern ist zurückzuzahlen, wenn ein Start-up in Zukunft einen  positiven Jahresabschluss erreicht. Da wird also auch viel Geld zurückfließen.

Es steht die Forderung einer Aufstockung des Fonds auf 200 Millionen im Raum, unterstützt auch von einer Petition, die Niklaus Futter anführt, Österreich Business Angel des Jahres.

Ich hielte vor Auslaufen der Coronahilfen eine Fondslösung für  wichtig, die ganz stark auch die KMU für das notwendige Eigenkapital einschließt. Angelehnt an das deutsche Beispiel könnten die Mittel aus einem solchen Fonds zu 80 Prozent für KMU bereitgestellt werden und zu 20 Prozent für Start-ups. In Deutschland hat der mit 1,5 Milliarden Euro dotierte  Fonds zehn Milliarden Euro an Eigenkapital privater Investoren aktiviert. Wer einen privaten Investor findet, bekommt vom Staat das Geld drauf. In Bayern macht der BDI (Bundesverband der Deutschen Industrie) bereits Roadshows bei KMU. Auch Österreich sollte ein solches Signal für den Mittelstand setzen, der dringend Eigenkapital braucht. Mittelfristig wäre ein Private Equity Fonds notwendig.

Derzeit investieren viele Leute lieber in Immobilien. Kapital in Beton kann Ihnen als Vorstand der Austrian Angel Investors Association gar nicht recht sein.

Natürlich braucht es steuerliche Anreize, da ist Großbritannien ein Vorbild. Wer  dort in ein Start-up investiert, bekommt bis zu 100.000 Britische Pfund  Steuergutschrift, mit einem Zuschlag, wenn das Start-up schief geht. Großbritannien ist bis heute die Nummer 1 bei Start-ups. Wir brauchen die innovativen Gründer dringend für die Digitalisierung

© aaia Kleine Zeitung

Welche Themen ziehen die Angel Investoren bei österreichischen Start-ups besonders an?

Der Report zeigt, dass Gesundheitstechnologie ganz vorne liegt. Health Tech und Life Science hatte 2020 jeder zweite  Angel Investor im Fokus, gefolgt von Deep Tech, also besonders tiefgreifenden, disruptierenden Innovationen. Mehr als ein Drittel setzte auch auf FinTechs und auf das Thema E-Commerce. Bereits über ein Drittel der österreichischen Startups genießt die Unterstützung und Expertise von Business Angels. Für einen Großteil der Befragten ist die Start-up-Phase entscheidend und so investieren 70 Prozent in Startups, welche sich in der Seed-Phase befinden, demnach bereits über einen Prototypen verfügen. Was klar heraus kam war, dass wir in Österreich definitiv noch mehr Business Angelinas und Angels benötigen, um hier noch viele wirtschaftlich relevante Startups zu fördern.