Der Wecker klingelt. Der erste Blick gilt dem Handy. Später beim Frühstück: Checken, ob es dringend zu beantwortende Mails gibt. In der Mittagspause: ein schneller Chat mit dem Arbeitskollegen über ein dringend zu erledigendes Projekt. Am Abend, zwei Stunden nach Dienstschluss: Eine kurze Nachfrage des Vorgesetzten per SMS, eine prompte Antwort, man werde sich am Wochenende darum kümmern. Abschalten? Nie. Immer erreichbar? Ja.

Gerade in Zeiten von Corona und Homeoffice verschwimmt für viele die Grenze zwischen Beruf und Freizeit noch schneller. Die psychische Belastung im Job steigt deutlich.

Kurzfristig führt das zum Ärgernis, mittelfristig vielleicht doch zu einer Beförderung. Langfristig aber kann die permanente Verfügbarkeit durch Smartphone, Tablet und Laptop nicht nur Leistungseinbußen zur Folge haben, weil die Fehleranfälligkeit steigt und die Konzentration sinkt. Es kann auch zu ernsthaften gesundheitlichen Schäden kommen. Denn die ständige Konfrontation mit der Arbeit führt zu Überbelastung, einem Unruhezustand und Stress. Im schlimmsten Fall ist es eine Überholspur, die noch schneller zum Burnout führt, wie die Psychologen der Online-Beratungsplattform Instahelp warnen.

Unterschätzte Regenerationsphasen

Ein Teufelskreis. Denn gerade bei einer stressigen Arbeit sind Regenerationsphasen von hoher Bedeutung; gerade solche Jobs lassen einen aber kaum abschalten. Die Folgen sind in zahlreichen Studien belegt: Die Befragten, die auch regelmäßig außerhalb ihrer Dienstzeiten erreichbar sind, klagen besonders häufig über Schlafstörungen. Schon vor fünf Jahren zeigte eine internationale GfK-Studie, dass vor allem Menschen zwischen 30 und 39 Jahren darauf achten, ständig und überall erreichbar zu sein: Knapp die Hälfte stimmt der Aussage zu, dass dies wichtig ist – dicht gefolgt von der Gruppe der 20- bis 29-Jährigen (45 Prozent) und den Teenagern (43 Prozent). Einen Unterschied zwischen Männern und Frauen bei der Zustimmung gab es nicht.

Manche Unternehmen haben schon vor Jahren – vielfach auf gewerkschaftlichen Druck – darauf reagiert und teils wieder Mauern zwischen Arbeits- und Freizeit hochgezogen. So gilt bei Volkswagen in Deutschland schon seit 2011 nach Feierabend eine E-Mail-Pause. Eine halbe Stunde nach Dienstende wird der Mail-Server für alle Diensthandys gemäß einer Betriebsvereinbarung ausgeschaltet und fährt erst eine halbe Stunde vor Beginn am nächsten Tag wieder hoch. Dazwischen und an Wochenenden hat der Job Pause – zumindest für jenen Teil der Belegschaft mit Tarifvertrag und Diensthandy. BMW rechnet Dienstmails in der Freizeit aufs Stundenkonto, Daimler löscht Korrespondenz, die im Urlaub eintrifft.

Parallel sperrt man in vielen Unternehmen – nicht zuletzt aus Datenschutzgründen – auch Ausweichrouten und verbannt WhatsApp und Snapchat von den Diensthandys. Umgekehrt haben viele das Chatprogramm Slack eingeführt, mit dem Beschäftigte erst wieder untereinander, in Gruppen, über Hierarchien hinweg und in Echtzeit miteinander kommunizieren können. Wobei, auch das haben Untersuchungen ergeben, in nur sieben Prozent der Vorgesetzte in der Freizeit stört. Viel öfter sind es Kollegen (33 Prozent) und Kunden (37 Prozent).

Eine Verpflichtung zur uneingeschränkten – und vielleicht sogar unentgeltlichen – Erreichbarkeit gibt es aber (im Normalfall) nicht. Im Gegenteil. Paragraf 20 des Arbeitszeitgesetzes beschränkt die Rufbereitschaft außerhalb der Arbeitszeit auf maximal zehn Tage pro Monat.