Kryptowährungen wie Bitcoin, Ethereum, Cardano oder Polkadot waren die längste Zeit ein Randphänomen im globalen Wirtschaftssystem. Interessant für Zocker und Technik-Enthusiasten, doch durch die radikalen Kursbewegungen zu riskant für Investoren, die auf Sicherheit setzen. Doch das könnte sich kommenden Mittwoch, den 14. April 2021, ändern. Die US-Kryptobörse Coinbase wagt den Schritt auf die "echte" Börse und schlägt damit eine Brücke zwischen der Welt der Coins und Token und jener, in der Gold, Aktien, Euro oder Dollar zählen. Eine Brücke zwischen Realwirtschaft und Cyber-Economy.

68 Milliarden US-Dollar beträgt die aktuellste Bewertung des Unternehmens, das 2012 vom ehemaligen Airbnb-Mitarbeiter Brian Armstrong zusammen mit dem Ex-Banker Fred Ehrsam gegründet wurde. Rund 45 Millionen Kunden tauschten auf der Plattform ihre Dollars gegen Kryptowährungen. Das brachte dem Unternehmen laut Börsenprospekt im Vorjahr rund 1,3 Milliarden US-Dollar Umsatz gemacht, eine Verdoppelung gegenüber dem Vorjahr. Der Gewinn lag bei 322 Millionen Dollar.

Auch in Österreich erlebt die Tauschbörse Bitpanda einen Höhenflug. Nach der letzten Finanzierungsrunde ist das Unternehmen inzwischen mehr als eine Milliarde Euro wert. "Beide Unternehmen profitieren natürlich von der aktuellen Kursentwicklung von Bitcoin", sagt Johannes Grill von Bitcoin Austria, einem Verein zur Aufklärung über Kryptowährungen.

Kursrallye

Den Anfang nahm die Kursentwicklung im Oktober des Vorjahres. Seit damals stieg der Preis der Bitcoin von rund 10.000 US-Dollar auf den Höchstwert von 60.000 US-Dollar. Unglaubliche 2000 Milliarden US-Dollar stecken inzwischen im Kryptomarkt. In den vergangenen Wochen pendelte der Kurs zwischen 52.000 und 58.000 US-Dollar, eine durchaus übliche Schwankungsbreite. "Es hat sich ein neues Normal gebildet, der Kurs stabilisiert sich", sagt Grill.

Dennoch: Kryptowährungen bleiben ein hochriskantes Investment. Die Volatilität ist enorm und damit auch das Verlustrisiko. Und es gab bereits zwei Boom-Phase (2013 und 2017) für Bitcoin und beide endeten mit einem Crash.

Contango-Situation

Ein Grund für den rasanten Anstieg sei auch das zunehmende Interesse von richtig großen Investoren, erklärt der Kryptoexperte Wolfgang Dirnberger. Der gebürtige Oberösterreicher lebt seit Jahrzehnten im Schweizer Ort Zug, der sich in den vergangene Jahren zum "Crypto-Valley" entwickelt hat, einem Mekka für Kryptowährungs-Firmen. "Noch vor wenigen Jahren hat die Großbank JPMorgan Bitcoin verteufelt. Inzwischen bereiten sie sich darauf vor, ebenfalls einzusteigen."

Eine große Auswirkung hatte auch das Halving, eine technische Verknappung des Angebots, im Frühjahr 2020. Schon in den Jahren zuvor führte das immer zu Kurssprüngen. Bitcoin-Profi Grill glaubt, dass es weiter rauf gehen könnte. "Derzeit gibt es eine Situation, die Börsenprofis Contango nennen." Dabei übersteigen die Preise für eine Lieferung in der Zukunft, die Futures, den aktuellen Preis. "Man kann heute eine Bitcoin kaufen und dann einen Future für Oktober verkaufen mit zehn bis zwanzig Prozent Aufschlag."

Da diese Deals bindend sind, können man auf diesem Weg ohne Risiko zweistellige Renditen erwirtschaften. Warum ist das möglich? "Der Käufer des Futures rechnet damit, dass der Bitcoinpreis in sechs Monaten noch höher sein wird, als der im Future vereinbarte Preis", erklärt Grill. 

Große drängen nach

Eine Erwartung, die nicht ganz ungerechtfertigt sei, sagt Dirnberger. "Viele große Investoren haben den Aufsprung auf Kryptowährungen verschlafen." Auch IT-Giganten wie Microsoft, Google, Facebook oder Amazon würden derzeit Systeme etablieren, die es ihnen ermöglichen, am Kryptoboom mitzuverdienen. Paypal hat es ihnen vorgemacht und akzeptiert inzwischen zumindest in den USA Bitcoin-Zahlungen. Selbst die E-Autos von Tesla kann man inzwischen mit der Mutter der Kryptowährungen kaufen.

"Es ist spannend, wie viel Geld derzeit in Blockchain- und Kryptoprojekte fließt", sagt Dirnberger, der in seinem aktuellen Buch "Mysterium Blockchain" einen Einblick in die Hintergründe dieser Entwicklung bietet. Bitcoin sei hier nur die Spitze des Eisbergs. Daneben gibt es viele Coins, die wie eine Art digitaler Vertrag funktionieren. Von der Finanzierung von Immobilienprojekten bis zur Abwicklung von Versicherungsleistungen oder dem automatisierten Handel mit Sensordaten reichen die Anwendungen. "Bitcoin wird immer Bedeutung haben, vergleichbar mit Gold." Doch die Zukunft liege in dieser dezentralisierten Finanzwirtschaft und diese beginne gerade erst, ist Dirnberger überzeugt.