Sara Fink stand 2019 vor einer zukunftsweisenden Weichenstellung: Gerade hatte sie in Deutschlandsberg ein traditionsreiches Juweliergeschäft übernommen. Es stellten sich zahlreiche Fragen: Wie kann die Übernahme eines bestehenden Juweliergeschäfts mit Innovationen verbunden werden? Welche Technologien, Produkte, Themen und Einflüsse bestimmen zukünftig die Juweliersbranche und bei welchen macht es Sinn, sie auch einzuführen? Fink wandte sich an das Innolab an der FH Campus02, wo ein bemerkenswertes Programm für genau solche Betriebe geschaffen wurde. Unter dem Namen „Restart-up“ setzen sich Experten im intensiven Austausch mit der Zukunftsfähigkeit von Unternehmen auseinander. Fink, die auch eine Manufaktur etabliert hat, betont im Rückblick: „Das hat mich enorm weitergebracht in meinem Gedankengut und meinen Plänen.“ So wurde u. a. Schmuck aus dem 3D-Drucker als zukünftiges Nebengeschäftsfeld konzipiert, die Idee des „mobilen Juweliers“ verfolgt sowie die Nutzung ungenutzter Ressourcen in Form von Edelsteinen aus dem Koralmtunnel-Abbau.



Seit 2019 wurden im Restart-up-Programm 70 Workshops mit 1400 Teilnehmern absolviert, 400 Unternehmen haben sich zu Einzelgesprächen und Checks eingefunden, und mit 350 Betrieben wurde eine fünftägige – maßgeschneiderte und kostenlose – Innovationsbegleitung durchgeführt, wie Hans Lercher. Leiter des Studiengangs für Innovationsmanagement, betont.

Schluss mit ,Das haben wir schon immer so gemacht‘ 

Im Spannungsfeld zwischen Effizienz (mache ich die Dinge, die ich tue, auch richtig?) und Effektivität (mache ich eigentlich die richtigen Dinge?) liege der Fokus auf Zweiterem, „wir arbeiten mit Unternehmern an der Frage, welche Dinge für die Zukunft die richtigen sind“. Es gehe darum, sich permanent weiterzuentwickeln und zu hinterfragen. Hier spiele auch die Geisteshaltung und die Bereitschaft zur Veränderung eine Schlüsselrolle, „es geht auch darum, zu denken wie ein Start-up, das keine Vergangenheit hat, dort gibt es Aussagen wie ,Das haben wir schon immer so gemacht‘ nicht“, so Lercher. Daher auch der Name Restart-up, „wir brauchen auch etwas für jene Unternehmen, die schon am Markt sind“, betont Wirtschaftskammer-Präsident Josef Herk. Gerade in kleineren Unternehmen gebe es keine eigenen F&E-Abteilungen, „hier braucht es Profis und entsprechende Kompetenz, dafür steht das Restart-up-Programm als Serviceangebot, wir sind hier Begleiter und Unterstützer“. Tausende Betriebe in der Steiermark kommen in den nächsten Jahren in Nachfolgesituationen, „da ist es ganz entscheidend, dass die mit neuen Innovationen neu durchstarten können, daran hängen auch viele Tausend Arbeitsplätze“. Gerade diese Krise habe gezeigt, „wie schnell ganze Geschäftsmodelle ins Wanken geraten können“.

"Statische Situation oft trügerisch"

Als neuer Partner für das Programm wurde nun die Steiermärkische Sparkasse gewonnen. „Wir sind aus voller Überzeugung dabei, das ist auch viel mehr als eine reine Sponsoring-Partnerschaft, wir platzieren das Thema in unserem Kundenstock“, betont Vorstand Oliver Kröpfl. „Wir wollen auch unsere Firmenkunden positiv animieren, Freude an Veränderung zu entwickeln, der Ansatz dafür im Innolab ist gut.“ Der „Werkzeugkasten“ für Service und Beratung wachse damit weiter. Das Bankgeschäft im Bereich der Finanzierungen wandle sich ebenfalls, „Investitionsentscheidungen dürfen nicht nur auf einer Vergangenheitsbetrachtung aufbauen“. Die statische Situation in einem KMU könne oft trügerisch sein, „man muss möglichen Gefahren für die Wettbewerbsfähigkeit und Zukunftsfähigkeit schon möglichst früh begegnen, mit entsprechenden Impulsen, wie sie das Restart-up-Programm bietet – und nicht erst dann, wenn es schon fünf vor zwölf ist“. Durch die neue Partnerschaft werde das Innolab nun inhaltlich, aber auch auf Ebene der Forschung, weiter aufrüsten.

Die Beispiele für gelungene Veränderungsprozesse wachsen stetig, wie nicht nur das Beispiel von Sara Fink zeigt. Steirische Restart-up-Entwicklungen sind u. a. auch ein App-gesteuertes Bestellwesen für eine Bäckerei, die Digitalisierung von Konstruktions- und Wartungsleistungen für eine Schlosserei, eine Secondhand-Ersatzteilbörse für einen Elektrofachhändler oder ein chipgesteuerter Automat für einen Getränkehändler.