Wenn alles gut läuft, wird die Villacherin Melanie Schwarzböck noch in diesem Jahr ihr Lehrabschlusszeugnis in Händen halten. Die 40-Jährige hat im Vorjahr beschlossen, ihr Leben beruflich noch einmal komplett umzukrempeln, und auf die "Schulbank" zurückzukehren. Auch, um ihren Kindern, die 21, 20, 15, 13 und 5 Jahre alt sind, ein Vorbild zu sein. "Ich will nicht, dass sie zu mir sagen, du hast ja selbst keine abgeschlossene Lehre", sagt Schwarzböck.

Sie habe als angelernte Kellnerin begonnen, und unter anderem in einem Café in Villach-Landskron gearbeitet. Dort habe man sie gefragt, ob sie es nicht übernehmen möchte, und das habe sie mithilfe ihres Vaters, der als Geschäftsführer mit an Bord war, auch gemacht. "Dann sind die Umsätze mit der Zeit zurückgegangen, und nach vier Jahren habe ich beschlossen aufzuhören, und als Reinigungskraft im Krankenhaus anzufangen", erzählt Schwarzböck.

Melanie Schwarzböck (40) macht die Lehre zur Restaurantfachfrau
Melanie Schwarzböck (40) macht die Lehre zur Restaurantfachfrau © Weichselbraun

Irgendwann habe sie dann die Erkenntnis getroffen, dass "das nicht alles sein kann". "Ich wollte nicht auch noch die nächsten 20 Jahre mit einem Job verbringen, der mich nicht ausfüllt." Das Ergebnis der wie Schwarzböck sagt "späten Erkenntnis": Die fünffache Mutter ist gerade dabei, über das Arbeitsmarktservice am Wifi in Spittal an der Drau in insgesamt drei Modulen die Lehre zur Restaurantfachfrau nachzuholen. "Ohne Lehrabschluss ist man heute am Arbeitsmarkt nichts wert. Und es ist egal, ob man 28 oder 48 ist. Die modulare Ausbildung am Wifi kann ich nur empfehlen", schwärmt Schwarzböck.

Ein neues Geschäftsmodell, das glücklich macht

Die Zeit der Lockdowns und des Innehaltens hat auch der St. Veiter Harald Taupe (49) genutzt, und sein Geschäftsmodell von Grund auf geändert. Das Kaffeehaus am Unteren Platz in St. Veit mit 150 Sitzplätzen gibt es seit vergangenem Sommer nicht mehr, das Haus ist verkauft. "Ich wollte mich betriebsmäßig verkleinern und trotzdem vergrößern", erzählt Taupe.

Die Idee für die Einrichtung der Bäckerei hat sich Harald Taupe in London geholt
Die Idee für die Einrichtung der Bäckerei hat sich Harald Taupe in London geholt © Weichsebraun

In seinem neuen Geschäft, das er Ende September 2020 unweit des ehemaligen eröffnet hat, ist er zwar Herr über "nur" 95 Quadratmeter. Aber diese haben es in sich. Sie sind nicht nur optisch eine Augenweide - die Einrichtungsidee mit den weißen U-Bahn-Kacheln und dem hellen Holz hat sich Taupe in London geholt - auch das Angebot ist speziell. "Wir haben uns aufs Reindlingbacken und Kaffeerösten spezialisiert."

"Bester Zeitpunkt für einen Neustart"

Produziert werden die köstlichen Varianten der Kärntner Süßspeise mitten im Geschäft – auch vom Chef selbst. "Jeder kann zusehen. Und wenn der Lockdown vorbei ist, gibt es auch wieder Backkurse", schwärmt Taupe, der sich mit dem kleinen Geschäft seinen "Traum erfüllt hat". "Und einen besseren Zeitpunkt für den Neustart hätte ich gar nicht wählen können. Das war eine Punktlandung. Hätte ich noch das Café, wäre es jetzt geschlossen. So kann ich meine Produkte verkaufen, und die Kunden können den Kaffee mitnehmen", sagt Taupe. Brot und Gebäck liefert sein Bruder von der Bäckerei in Brückl, und die Zutaten für die Snacks werden regional eingekauft, so Taupe. Eine Suppe zum Mitnehmen wird ebenfalls jeden Tag frisch zubereitet.

Ein zweites Standbein hat sich Taupe für den Sommer geschaffen, und die Gastronomie im Stiftsbad am Längsee gepachtet. Und wenn das Leben irgendwann hoffentlich wieder wie vor Corona sein wird, und man wieder am gesellschaftlichen Leben teilhaben kann, findet man Taupe und seine Produkte auch in einer Hütte am St. Veiter Wiesenmarkt.