Die Österreicher haben in den ersten Monaten der Coronakrise mehr Geld zur Seite gelegt, während die Einkommen gesunken sind. Zu Beginn des Pandemieausbruchs war Bargeld sehr gefragt - und Goldmünzen. Heruntergerechnet hat "jeder neunte Haushalt einen Philharmonika gekauft. In der Finanzkrise 2008 war es jeder fünfte", sagte Nationalbank-Vizegouverneur Gottfried Haber am Dienstag bei einer Online-Pressekonferenz. Auch in Haus und Heim wird kräftig investiert.

Das flexible Sparbuch ist auch trotz Niedrigzinsen seit langem die beliebteste Sparform der Österreicher. Und auch in der Krise setzen die Bankkunden überwiegend auf täglich fällige Anlagen, wie die Erhebung der Nationalbank zeigt.

"Die wirtschaftlichen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie sind in Österreich deutlich zu spüren", erläuterte Haber. Es kommt zu verstärktem Sicherheitssparen der privaten Haushalte - auch weil bedingt durch Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit die Nettoeinkommen im zweiten Quartal gesunken sind. Die Sparquote betrug im Juni 10,4 Prozent und entsprach damit etwa dem Durchschnitt im Euroraum (10,3 Prozent).

Trend zum Sparbuch hält an

Die Entwicklung verlief jedoch flacher als in vielen anderen Ländern. Private Haushalte konnten ihr Geldvermögen im Umfeld der Pandemie ausbauen. Der seit der Finanzkrise 2008 anhaltende Trend, bevorzugt täglich fällige Einlagen zulasten gebundener Gelder aufzubauen, hielt weiterhin an. In den ersten neun Monaten 2020 flossen 11,2 Milliarden Euro (+11,4 Prozent) auf Sparbücher, während gebundene Einlagen im Umfang von 5,0 Milliarden abgebaut wurden. Bemerkenswert war das besonders große Interesse an Aktien, die im ersten Halbjahr 2020 angesichts günstiger Einstiegskurse nach dem globalen Börsencrash im Ausmaß von 1,6 Milliarden EUR gekauft wurden.

Vorsichtig agierten Haushalte in Fragen der Verschuldung: In den ersten neun Monaten 2020 wurden um 18 Prozent weniger neue Konsumkredite aufgenommen als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Vom Immobilienerwerb ließen sich viele Österreicher auch durch die COVID-19-Pandemie aber nicht abbringen und nahmen neue Wohnbaukredite im Ausmaß von 17,2 Milliarden Euro auf (+16 Prozent).

Export eingebrochen

Österreichs international stark vernetzte Wirtschaft wurde umfassend und hart durch die globale COVID-19-Pandemie getroffen. Das Wegbrechen internationaler Lieferketten, der Ausfall der Güternachfrage sowie massive Reisebeschränkungen beeinflussten Österreichs Außenwirtschaft in Form eines stark reduzierten Güter-und Dienstleistungshandels sowie hoher Einnahmenverluste im Tourismus.

© OeNB

Der Export von Gütern verzeichnete im zweiten Quartal 2020 – der bisher schwierigsten Wirtschaftsphase – ein Minus von 19 Prozent (gegenüber Q2/19). Im Dienstleistungsverkehr (primär Tourismus) ergab sich sogar ein Rückgang von 31 Prozent. Auch die Importe fielen deutlich schwächer aus: Die Einfuhr von Gütern lag um 21 Prozent, jene der Dienstleistungen um 29 Prozent unter dem Vorjahresquartal. Einige Branchen waren durch die Folgen der Pandemie deutlich stärker betroffen als andere: Während die Ausfuhr der für Österreich besonders wichtigen Sparte der Maschinen und Fahrzeuge sowie jene der bearbeiteten Waren herbe Einbußen verzeichnete, nahm die Nachfrage nach chemischen und pharmazeutischen Erzeugnissen sogar zu.

Der Tourismus war durch die globale Pandemie besonders beeinträchtigt. Im zweiten Quartal brachen die Einnahmen auf 600 Millionen Euro (–82 Prozent) ein. Infolge des relativ günstig verlaufenen Jahresbeginns fiel der Verlust im ersten Halbjahr insgesamt mit rund einem Drittel weniger deutlich aus.

Milliarden gestundet

Deutlich zugelegt hat mit Ausbruch der COVID-19-Pandemie auch das Kreditwachstum bei Unternehmen, das im April 7,2 Prozent erreichte. In den Folgemonaten nahm die Wachstumsdynamik zwar wieder ab, verblieb mit 5,8 Prozent im September jedoch auf hohem Niveau.

Unterstützt wurden Unternehmen dabei von österreichischen Banken, die vor allem durch umfangreiche Kreditstundungen einen wichtigen Beitrag zur Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen der COVID-19 Pandemie leisteten. Im Juni 2020 lag das gegenüber Unternehmen und privaten Haushalten gestundete Kreditvolumen in Summe bei über 30 Milliarden Euro und reduzierte sich im September 2020 auf 17,3 Milliarden Euro. Den Großteil davon machten mit 10,7 Milliarden Euro freiwillige Kreditstundungen aus. Gleichzeitig stellten österreichische Banken auch neue Kredite bzw. Kreditlinien zur Verfügung. Insbesondere Unternehmenskredite bis 1 Mio EUR wurden in den Monaten Mai und Juni in ungewöhnlich hohem Ausmaß neu vergeben.