Das erste volle „politische Schuljahr“ nach der Landtagswahl ist vorbei. Im Normalfall wäre das jene Zeit, in der die Landesregierung Reformen umsetzt. Mit der schon fast vergessenen „Agenda Weiß-Grün“ hätte sie ja einen selbst geschriebenen Leitfaden zur Hand. Doch noch immer hat uns Corona im Griff: Die Politik war wieder überlagert vom Kampf gegen die Pandemie.

Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer agierte mit der Gewissheit, dass Krisen dem „Ersten“ mehr nützen als der Konkurrenz. Anders als dem Bundeskanzler gelang es ihm, große Polarisierungen im Land zu vermeiden. Fürs politische Klima ist nun einmal der Regierungschef zuständig. Den Ländervorsitz führte er souverän, wenn auch manches offenblieb.

Vize-LH Anton Lang gab den verlässlichen Bündnispartner. Der Handel ist klar: Die SPÖ bekommt überproportionale Machtanteile (etwa in Personalfragen) und liefert dafür Verlässlichkeit bei jeder Art von Machtprobe mit der Opposition. Dass die Harmonie auch etwas kostet, weil wechselseitige Kontrolle fehlt, lässt sich derzeit am Fall der Naturgasanlage Straß beobachten: Das Land übernahm millionenschwere Haftungen, am Ende zahlen alle fürs koalitionäre Wegschauen.

Als Finanzlandesrat verwaltet Lang den exorbitanten Schuldenberg. Im Verkehrsressort war immerhin Erntezeit: Der Gordische Knoten an der Kreuzung B 320 Trautenfels ist durchschlagen. Im Radverkehr schreiten Ausbauprojekte voran, im öffentlichen Verkehr fließen Bundes-Milliarden für GKB, Radkersburgerbahn etc.

An Gesundheitslandesrätin Juliane Bogner-Strauß bleibt die düstere Coronabilanz hängen. Bis ins Frühjahr war das Land überfordert mit der Impfstrategie. Immerhin gelang es, den Kollaps der Intensivstationen zu verhindern. Nicht gerecht wäre es, ausschließlich Bogner-Strauß für die fast 1000 Coronatoten im Pflegebereich verantwortlich zu machen. Da gab es ein multiples Versagen.

Zähigkeit im Gegenwind bewies sie beim Leitspital Liezen, wo nun die Finanzierung steht. In der Pflege ging der Kampf gegen Windmühlen weiter. Als Bildungslandesrätin ist sie wie ihre Vorgängerin nicht von Glück verfolgt.

Der Machtfülle von Bogner-Strauß steht ein überschaubarer Wirkungsbereich von Landesrat Christopher Drexler gegenüber. Es bleibt der Eindruck, dass er sich auf die LH-Nachfolge irgendwann gegen Ende der Legislaturperiode vorbereitet. In der Kulturpolitik gewinnt er an Statur, in der Volkskultur scheint er noch nicht ganz verwurzelt. Im Sport war die Bestellung des Mountainbike-Koordinators ein wichtiger Schritt.

Wirtschaftslandesrätin Barbara Eibinger-Miedl reagierte auf die schwierige Lage mit vielen Initiativen, Programmen und dem Anpumpen des Bundes. Sie brachte die „unmögliche“ Reform der Tourismusverbände auf den Weg, nahm lokal heftige Kritik auf sich, ließ punktuell Änderungen zu, aber die Reform nicht aus den Augen. In der Forschung lief es nicht übel: Millionen fließen für die Infrastruktur von Uni und MedUni Graz oder für den neuen FH-Lehrgang in Kapfenberg.

Agrar- und Wohnbaulandesrat Hans Seitinger bleibt der Altmeister der Vernetzung und der diskreten „Erledigung“ vieler Finanzierungswünsche. Einmal wagte er sich auffallend aus der Deckung, als er im Frühjahr eine Kehrtwende beim Flächenfraß ankündigte.

Ausbaden muss das SPÖ-Kollegin Ursula Lackner in der Raumordnung. Sie agierte primär als Verwalterin. Im wichtigen Umweltbereich blieb sie über weite Strecken unsichtbar. Auf der Habenseite steht punktuell die Einigung mit den Bundesforsten über das Wildnisgebiet Lassingtal. Weniger Glück hatte sie mit der Ankündigung, neue Ölheizungen auch im Gebäudebestand verbieten zu wollen. Aus der Gesetzesnovelle wurde der Passus dann gestrichen – mit der Begründung, es würden Richtlinien und Förderungen des Bundes fehlen.

Die Frauenpolitik bekam durch Gewalttaten (Femizide) hohe Aufmerksamkeit. Partei- und ressortübergreifend gab es Fortschritte beim Gewaltschutz. Soziallandesrätin Doris Kampus zog hier die Fäden. In der Arbeitsmarktpolitik wurden Langzeitarbeitslose mit AMS-Hilfe als Pflegehelfer vermittelt. Diverse Stiftungen wurden in einer Arbeitsförderungs-GesmbH gebündelt. Den Wechsel von der Mindestsicherung auf die Sozialunterstützung tat sie als schweres Erbe von Türkis-Blau ab.

Die Opposition hielt nicht nur bei Corona kräftig dagegen, sondern fand auch sonst viele Haare in der Suppe. Mario Kunasek als Klubchef der noch immer größten Oppositionsfraktion FPÖ wählte den Mittelweg zwischen Frontalopposition und „Ich kann auch staatsmännisch“. Bei Corona und „Impfzwang“ attackierte er heftig – mit erkennbarem Kalkül.

Die Freiheitlichen konnten bisweilen geschickt Bündnisse knüpfen, zuletzt etwa mit der Rechnungshofprüfung der Coronahilfen, was gemeinsam mit KPÖ und Neos gelang. Teils drang die FPÖ mit ihren Themen nicht durch, auch nicht mit vermeintlich „lebensnahen“ wie den kaputten Landesstraßen. Am meisten überraschte Kunasek damit, dass er selbst darauf drängte, die Redezeit im Landtag zu beschränken, was ja im Regierungsinteresse liegt.

Heftig gegen diese Regel traten die Grünen auf, die jetzt bei der Redezeit – objektiv gesehen – benachteiligt sind. Klubchefin Sandra Krautwaschl schärfte das Profil beim Leibthema Umweltschutz und besetzte auch den Bereich Pflege ambitioniert. Am Format der in allen Bereichen trittsicheren Landessprecherin muss sie noch feilen. Die jetzt immerhin sechsköpfige grüne Landtagsriege wirkte bisweilen etwas still, da wären mehr Akzente drinnen.

Die KPÖ mit Claudia Klimt-Weithaler folgte ihrem langjährig bewährten Plan, sich primär als Bürgerstimme der sozial Schwachen zu stilisieren. In diesem Klub gibt es sehr viel Routine, es fehlt vielleicht das Element der Veränderung. Neos-Klubchef Niko Swatek wirkte hingegen manchmal überambitioniert – kein Thema war zu klein, um nicht sofort mit einer Neos-Forderung geschmückt zu werden. Addiert man alles, was die Neos so fordern, dann käme wahrscheinlich ein doppelt so hohes Budgetdefizit heraus. Aber immerhin ist diese Fraktion ein belebendes Element, das auch viele Nischenthemen zur Sprache bringt.