Sie haben am Sonntag in Oberstdorf Ihren Rücktritt erklärt. Was gab letztendlich den Ausschlag dafür?.
BERNHARD GRUBER: Der Vorfall in Lahti mit den erneut aufgetreten Herzproblemen. Das war ein ordentlicher Schuss vor den Bug. Und die Ärzte haben mir geraten, mich vom Leistungssport zu verabschieden. Ich habe zu meinem ersten noch zwei zusätzliche Stents eingesetzt bekommen – das macht die Sache nicht einfacher. Ich muss jetzt ruhiger treten und meinen Körper regenerieren lassen. Aber die Ärzte sind zuversichtlich, dass wieder alles ganz normal wird. Das stimmt mich positiv.

Wann haben Sie diese schwere Entscheidung gefällt?
GRUBER: Das war relativ bald nach dem Vorfall in Lahti. Was dort passiert ist, möchte ich nicht noch einmal erleben und auch nicht meine Gesundheit aufs Spiel setzen. Von dem her war die Entscheidung klar. Jetzt mache ich an der Sportmedizin in Salzburg eine ambulante Reha. Der Aufbau läuft ganz gut und ich bin happy, dass ich jetzt schon wieder hier stehen kann.

Gab es vor der Entscheidung eine Rücksprache mit der Familie?
GRUBER: Klar haben wir es gemeinsam besprochen, aber es war schnell klar, dass das Karriereende sein muss. Alles andere wäre ein zu hohes Risiko.

War der Comeback-Versuch auch ein zu hohes Risiko?
GRUBER: Nein, der war völlig gerechtfertigt. Es wurden unzählige Untersuchungen gemacht, die EKG-Kurven haben keinerlei Auffälligkeiten gezeigt. Und ich habe etliche Intervalle und simulierte Wettkampftrainings absolviert – es hat immer gut funktioniert. Bei einem Wettkampf kommt dann natürlich noch der Stress dazu. Es war vielleicht auch ein bisschen ein Verschulden meinerseits, weil bei mir nach dem Wettkampf in Lahti eine gewisse Dehydration vorhanden war und sich dadurch ein Thrombus im Gefäß gebildet hat. Ich schwitze sehr viel, man trinkt vor dem Springen wenig – da haben mehrere Faktoren zusammengespielt.

Was hat bei Ihnen als Spitzensportler die Herzprobleme hervorgerufen?
GRUBER: Es liegt bei uns in der Familie. Mein Vater, meine Schwester und ich – wir leiden alle unter Hypercholesterinämie. Die Werte sind stark erhöht. Es gäbe zwar Medikamente, doch habe ich gemerkt, was die in meinem Körper anrichten. Ich bin froh, sie während meiner Karriere nicht genommen zu haben.

Haben Sie in Lahti während des Vorfalls Todesangst verspürt?
GRUBER: Es waren gemischte Gefühle. Beim ersten Mal waren es Luftbeschwerden und Atemnot – das hatte ich vorher nie. In Lahti fühlte es sich an, als ob dir jemand mit dem Schraubstock den Brustkorb immer weiter zudrückt. Das war schon beängstigend. Aber ich bin froh, dass die Rettungskette dort oben so gut funktioniert hat. Ich hatte viel Glück im Unglück.

Sie waren 18 Jahre im Weltcup, jetzt folgt der unfreiwillige Schlussstrich. Wie sehr wühlt Sie das innerlich auf?
GRUBER: Ich bin schon mit gemischten Gefühlen nach Oberstdorf angereist. Ich habe mir gerade den Sprungbewerb der Kombinierer angesehen und es war eigenartig, dass ich nicht mein eigenes Sprung-Equipment dabei hatte. Aber ich bin wie gesagt sehr froh, dass ich überhaupt hier stehen kann, schon wieder ein lockeres Training aufgenommen habe und es mir wieder gut geht. Das ist das Wichtigste. Aber ich blicke natürlich zurück. Es war ein genialer Lebensabschnitt, der mir viel Freude bereitet hat. Aber ich hoffe, dass ich auch in meinem neuen Lebensabschnitt viel Freude haben werde.

Wie wird dieses neue Leben aussehen?
GRUBER: Es gibt ein paar Optionen und Visionen. Aber das ist alles noch zu ungewiss. Auch eine Arbeit beim ÖSV wäre nicht undenkbar. Da könnte ich mein Wissen weitergeben.

Welches Highlight in Ihrer Karriere würden Sie besonders hervorheben?
GRUBER: Alle Eindrücke und Emotionen haben ganz spezielle Situationen mit sich gebracht. Auch das Unterwegssein mit der Mannschaft, gemeinsam Medaillen zu erreichen, die unzähligen Trainings und Kurse – mit bleibt der Gesamteindruck und das finde ich irrsinnig schön.

Inwieweit können Sie künftig noch Ihrer Sportleidenschaft nachgehen?
GRUBER: Das wird auf alle Fälle wieder möglich sein. Ich muss mich nur vom Leistungsgedanken verabschieden. Ich werde für mich sporteln und den Sport zum Gesundbleiben ausüben.

Nachdem Sie sich ein Bild machen konnten: Was sagen Sie zur WM ohne Zuschauer?
GRUBER: Natürlich ist es eine spezielle Situation, doch kann man es nicht ändern Aber bei so einem Wetter um Medaillen kämpfen zu können, ist ein Traum. An solchen Tagen werden Helden geboren!