Für seine ehrliche und offene Art genießt Felix Neureuther nicht nur in Deutschland große Sympathien. Auch in Österreich hat der ehemalige Weltklasse-Athlet im alpinen Skisport noch zahlreiche Fans. Der Deutsche spricht Probleme zumeist offen an, wie nun auch in einem Interview mit der deutschen "Sportschau" zum Thema Olympia. Dabei kritisierte er vor allem die Richtung, die vom Internationalen Olympischen Komitee seit Jahren vorgegeben wird. "Die Kommerzialisierung und dieser Gigantismus rund um die Olympischen Spiele, das sind nicht die Grundwerte des Sports. In erster Linie sollte es immer um den Wettkampf sowie die Athletinnen und Athleten gehen. Denn die lassen doch die olympische Bewegung aufleben."

Der Grundgedanke der Spiele sei laut Neureuther aber ein ganz anderer. "Die olympische Bewegung bringt Menschen und Kulturen über den Sport zueinander, und alle feiern ein großes Fest." Was sich am Papier wunderbar anhört, ist in der Realität ganz anders. Im Rahmen der Winterspiele 2014 kritisierte der 37-Jährige die Menschenrechtslage im Austragungsort Russland. "Wehe, es steht jemand für Menschenrechte ein. Das wird vom IOC nicht akzeptiert und sogar bestraft." Das erfuhr er am eigenen Leib. "Ja, ich habe mehrmals den Mund aufgemacht, speziell auch direkt vor den Spielen, weil mir einfach ein paar Dinge überhaupt nicht gepasst haben. Zum Beispiel der Umgang mit den Menschenrechten. Und wenn man etwas anspricht, kommt der Verband auf den Athleten zu, dass man das doch bitte unterlassen solle. Aber ich lasse mir nicht den Mund verbieten."

Der Deutsche hätte auch mit einem Ausschluss leben können. "Das wäre mir völlig wurscht gewesen." Die Vergabe an Peking 2022 sei das "i-Tüpfelchen in der Entwicklung" der Winterspiele nach Sotschi und Pyeongchang. Neureuther habe zwar nichts gegen eine Austragung in der chinesischen Hauptstadt, nur müsse "das IOC klare Ziele formulieren, um etwas zu verändern". Daran glaubt aber auch er nicht und sieht ein Muster in der Vergabe an autoritär geführte Staaten. "Das Protokoll des IOC für die Vergabe von Olympischen Spielen umfasst viele verschiedene Punkte, die eigentlich nur noch totalitäre Staaten erfüllen können, und eben nicht die Länder, in die der Sport eigentlich auch hingehört."

Das Ziel müssen laut Neureuther nachhaltige Spiele sein. Als Beispiel nennt er die Alpenregion. Aufgrund der beschriebenen Entwicklung sei eine Austragung aber selbst dort schwierig. "Die Leute können sich mit der olympischen Bewegung nicht mehr identifizieren. Das ist doch die Quittung, die das IOC schon seit Langem bekommt. Es verändert sich aber trotzdem nichts." Man müsse "zurück zu den Wurzeln" mit der Bewegung und sich an die Werte von Olympia erinnern. "Nicht an die Werte des Geldbeutels. Eigentlich bräuchte es einen riesengroßen Knall, dass niemand mehr die Spiele austragen möchte und über zehn bis 20 Jahre nichts stattfindet, damit das ganze System überarbeitet werden kann."