Ein Österreicher mischt derzeit die Schwimm-Bestenlisten gehörig auf. Felix Auböck hat in Stockholm seine Paradedisziplin, 400 Meter Freistil, in 3:44,51 Minuten bewältigt, liegt damit weltweit auf Rang drei und in Europa gar unangefochten an der Spitze. Über 200 Meter (1:45,70 Minuten) ist er die Nummer zwei der Welt – und so einer der großen Favoriten für die EM in Budapest (10. bis 23. Mai) sowie Mitfavorit für die Olympischen Spiele in Tokio (23. Juli bis 8. August).

Das Paradoxe: Auböcks bestechende Form hält schon lange an, wurde aber ausgerechnet durch seine längste Trockenperiode überhaupt beschleunigt. "Zwei Wochen lang habe ich zu Beginn der Pandemie kein Wasser gesehen", erzählt er, so lange wie noch nie in seiner Zeit als Leistungssportler. Die ersten Trainingseinheiten hat er im 15 Grad kalten Meer vor San Diego (USA) absolviert. "Wie bei allen anderen hat sich alles verändert. Man beginnt, über alles nachzudenken. Ich habe die Situation als Chance genutzt und den richtigen Weg für mich gefunden", erzählt Auböck.

"Dieser Schritt war nie vorgesehen"

Dieser Weg führte nach England. An der Universität Loughborough hat er ein Master-Studium in "Internationale finanzielle und politische Beziehungen" begonnen. Im Schwimmsport kann er dort auf geballte Expertise zurückgreifen: Trainer, Biomechaniker, Physiotherapeuten, Ernährungswissenschaftler, um nur einige zu nennen – sie alle holen das Optimum aus Auböck heraus. Und gehen tief ins Detail: Wie liegt er optimal im Wasser? Wie ernährt er sich während Trainings, während Wettkämpfen? "Dieser Schritt war nie vorgesehen. Ich hatte großes Glück. Wir versuchen in jedem Bereich, so nah wie möglich an das Optimum zu kommen."

Das scheint zu gelingen. Auböck ist einer der aussichtsreichen rot-weiß-roten Sportler auf Olympiamedaillen. Neben 200 und 400 Meter Freistil schaffte er die Qualifikation auch über 800 und 1500 Meter. Keine einfache Situation, mit Vorschusslorbeeren nach Tokio zu fliegen, möchte man meinen. "Ich war schon in einer ähnlichen Situation, als ich als Schnellster zur EM kam und Vierter wurde. Ich weiß, was Druck machen kann." Doch er kann damit umgehen. "Es gibt zehn Leute, die gewinnen können. Es ist schwer, das zu lernen, weil das einschüchternd sein kann, aber: Ich freue mich darauf, mit ihnen zu schwimmen."

Auböck ist bodenständig, gesprächig. Er interessiert sich nicht nur für schnelle Schwimmtechniken, sondern auch für das Weltgeschehen, liest gerne Zeitung. Die Formel 1 interessiert ihn gleichermaßen wie Langläufer, die sich über 50 Kilometer durch die Loipen quälen ("Das ist ja krank"). Was ihn selbst und andere Sportarten betrifft, ist er aber vorsichtig. "Stand-up-Paddeln war ich im Sommer. Aber ansonsten mache ich fast nichts", sagt er lachend: "Wir Schwimmer sind bekannt dafür, uns bei Sportarten am Land zu verletzen."