Die Entscheidung um den Meistertitel in der Rallye-Weltmeisterschaft ist vertagt. Sébastian Ogier, Dominator der letzten Jahre, schaffte es bei der Rally de Espana südlich von Barcelona nicht, sich vor seinen letzten Konkurrenten und Toyota-Kollegen Elfyn Evans zu setzen. Gegen den Belgier Thierry Neuville im Hyundai konnten in Spanien beide Toyota-Piloten nichts ausrichten, er holte sich seinen 15. Sieg in einem WM-Lauf, 24,1 Sekunden vor Evans, für Ogier blieb nur Platz vier hinter Dani Sordo im zweiten Hunyadi.

Und so muss die Entscheidung von 19. bis 21. November auf dem Asphalt von Monza fallen. Als Führender der Meisterschaft geht Ogier nach Italien, 17 Punkte liegt er vor dem Waliser. Dementsprechend nüchtern sah Ogier das Ergebnis: "Letztlich sind es Punkte für die WM. Das Ziel vor der Rallye war natürlich ein höheres, aber aus unterschiedlichen Gründen hat es nicht geklappt." Aber: Alles andere als der achte Weltmeistertitel in neun Jahren wäre eine Überraschung - zu routiniert ist der 37-Jährige. Und Evans weiß, dass ihm rund um Barcelona wohl nur ein Sieg geholfen hätte: "In gewisser Hinsicht bin ich mit Platz zwei zufrieden, aber andererseits auch frustriert. Es war kein perfektes Wochenende, aber doch ein solides."

Und vielen ist es nicht gelungen, das Ausklingen der Karriere mit einem Weltmeistertitel einzuleiten. Und das wird das Ziel für die letzte Rallye von 19. bis 21. November in Italien rund um Monza eindeutig sein. Danach ist klar: Ogier wird die Saison 2022 nämlich nicht mehr zur Gänze bestreiten. Auch wenn sich Fans noch immer wünschen, dass der Franzose Angriff auf Weltmeistertitel Nummer neun macht - so viele gewann bisher nur Ogiers Landsmann Sebastian Loeb -, so scheint das letzte Wort gesprochen. "Ogier hat ganz klar gesagt, dass er nicht die ganze Saison fahren wird", sagt Toyota-Teammanager Jari-Matti Latvala.

Einerseits will der 37-jährige Ogier mehr Zeit mit seiner Familie verbringen, andererseits reizt den Franzosen die Langstrecken-Weltmeisterschaft, die WEC. "Ich verstehe das", sagt Latvala. "Er hat sieben und bald vielleicht acht Weltmeistertitel gewonnen,  mit drei verschiedenen Herstellern. Er muss niemandem mehr etwas beweisen."

01 Ogier S� bastien (fra), Ingrassia Julien (fra), Toyota Gazoo Racing WRT, Toyota Yaris WRC, Motorsport Rallye, WM acti
01 Ogier S� bastien (fra), Ingrassia Julien (fra), Toyota Gazoo Racing WRT, Toyota Yaris WRC, Motorsport Rallye, WM acti © (c) imago images/PanoramiC (Nikos Katikis via www.imago-images.de)

Als Manager würde sich Latvala freilich wünschen, dass Ogier weiter für die ganze Saison zur Verfügung steht. "Er hat den anderen Fahrern sehr geholfen", sagt Latvala. Allen voran dem 21-Jährigen Kalle Rovenperä, der in der laufenden Saison bereits zwei Rallyes - Estland und Griechenland - gewonnen hat und der beste Chancen hat, zum ersten finnischen Weltmeister seit Marcus Grönholm 2002 zu werden.

Toyota-Teammanager Latvala ist dreimal als Vizeweltmeister knapp am Titel  gescheitert - einmal lag er hinter Sebastien Loeb, zweimal hinter Ogier. "Wir waren Konkurrenten, hatten harte Duelle", sagt Latvala heute über sein Verhältnis zum Franzosen. "Wir haben einander respektiert, waren aber keine guten Freunde." Über die Jahre hätte sich aus dem respektvollen Verhältnis der beiden aber immer mehr eine Freundschaft entwickelt. "Unser Verhältnis ist jetzt sehr gut", sagt er. Und daran hat sich auch nichts geändert, seit Latvala nicht mehr Rivale, sondern Manager des Teams ist. "Als ich Teammanager geworden bin, habe ich das Gespräch gesucht und gesagt: 'Sebastian, du bist siebenfacher Weltmeister. Ich werde dir nicht sagen, was du machen musst, um Weltmeister zu werden. Du weißt selbst, was zu tun ist.'" Zu WM-Titel Nummer acht fehlt nur noch ein Schritt - in Monza.