Die Freude auf die neue MotoGP-Saison ist wohl ziemlich groß. Denn bereits im Vorjahr haben viele Menschen die spannenden Rennen als ganz großen Ausgleich zum Corona-Lockdown gesehen, quasi als therapeutische Maßnahme gegen Langeweile und Verdruss. Und es wird wohl auch dem Psychologen „Dr. MotoGP“ zu verdanken sein, dass die Fans abermals ordentliche Unterhaltung ins Haus geliefert bekommen.

Die ersten Tests waren zwar nicht so aussagekräftig, weil alles innerhalb von fünf Tagen auf einer einzigen Rennstrecke durchgezogen werden musste, aber letztlich stellt sich ohnehin allen nur eine Frage: Wann kommt er wieder? Wann wird Marc Marquez wieder fit genug sein, um ein Rennen bestreiten zu können? Honda hatte ihn für das Auftaktdoppel in Katar auf die Nennliste gesetzt, von den Ärzten gab es grünes Licht, ehe der Rückzieher folgte. Dabei muss klar sein: Wenn er sich selbst gut genug fühlt, ist vermutlich genau ein Rennen selbst der beste Test, um die eigene Fitness zu überprüfen.

Marc ist ein paar Runden auf einem Minibike in Spanien gefahren, so viel ist klar. Aber ein Grand Prix lässt sich kaum simulieren. Und erst, wenn Marquez wirklich am Start steht, wird sich zeigen, ob er nach seiner langen Verletzungsgeschichte verhaltener an die Sache herangeht. Er war ja in seiner gesamten Karriere so unerschrocken, so furchtlos und gnadenlos zu sich selbst wie kaum ein anderer.

Ich glaube aber, dass der lange Ausfall, die Reha, die Rückschläge in seinem Leben etwas verändert haben. Es muss ihm egal sein, wenn er beim ersten Rennen nur Zehnter oder gar 15. wird. Er muss zu sich selbst und sich selbst finden. Aber Marquez hat gemerkt, dass er eben doch nicht unverwundbar ist. Er wird nun, denke ich zumindest, etwas mehr nachdenken, nicht immer und in jeder Kurve alles riskieren. In anderer Hinsicht hat er das Risiko minimiert, ist zu den Tests nach Katar gefahren, nicht zuletzt, um sich dort impfen zu lassen. Das Emirat, in dem es keinen Mangel an Impfstoff geben dürfte, hat ja dem ganzen Tross die Impfung angeboten – und viele sollen das Angebot auch in Anspruch nehmen.

Für 2021 hat sich vor allem auf der Fahrerseite viel getan. Und Marquez’ Teamkollege steht im Blickpunkt: Pol Espargaro, der viele Jahre bei KTM gefahren ist, muss auf der Honda zeigen, ob er wirklich das Zeug zum Weltmeister hat. Ein weiteres Thema ist, wie Valentino Rossi sein Abschiedsjahr gestalten wird. Er wurde ja nahezu „degradiert“, fährt „nur“ noch für das Yamaha-Satellitenteam Petronas. Aber vielleicht kann er dadurch sogar befreiter ans Werk gehen. Fabio Quartararo ist es, der unter Druck steht. Er wird auf der Werks-Yamaha Siege liefern müssen.

Offen ist, ob Suzuki wieder an die Vorjahresform anschließen und damit den WM-Titel von Joan Mir verteidigen kann. Viel konnte man ja bei den Motorrädern nicht verändern. Und deshalb steht auch hinter Ducati ein Fragezeichen. Die Italiener gehen gar mit zwei neuen Piloten an den Start. Mit Jack Miller hat man einen, der immer auf Sieg fährt, immer alles gibt. Francesco Bagnaia ist andererseits ein talentierter, jungen Fahrer, dem man vielleicht ein bisschen Entwicklungszeit noch geben wird.

Und für die österreichischen Fans wird es spannend, ob KTM die letzte Stufe an die Spitze schafft und bei wirklich jedem Rennen zum Favoritenkreis zu zählen sein wird. Die Mattighofener müssen auf alle Fälle da weitermachen, wo sie im Vorjahr aufgehört haben, und technisch alle Feinheiten weiterdrehen. Die Zeiten bei den Tests in Katar waren nicht top. Aber komischerweise kommt KTM mit dem Kurs in Losail nie zurecht. Warum, kann ich mir selbst kaum erklären. Das Fahrerquartett bei KTM wird sich steigern, davon bin ich überzeugt.

Auch wenn sie jetzt nicht mehr den großen Star – wie zuletzt Pol Espargaro – haben. Aber ich denke, dass gerade Miguel Oliveira die Espargaro-Lücke ganz schnell schließen wird. Nicht umsonst hat er ja schon im Vorjahr zwei Rennen gewinnen können. Was mich sehr beeindruckt hat und mir besonders gut gefällt, ist die Farbgebung des „B-Teams“ Tech 3. Das knallige Orange kommt ganz groß raus, es ist ein auffälliger Farbtupfen im Feld.

Wie weit Danilo Petrucci vorne mitfahren kann, muss sich zeigen. Ich befürchte, die Zeiten der großen, kräftigen Fahrer sind vorbei. Die MotoGP ist so ausgeglichen, dass jedes Kilogramm Gewicht eine große Rolle spielt. Fahrer mit „Jockey-Maßen“ sind sicher im Vorteil.

Was sicher ist: Es wird ein spannendes Jahr, in dem alle Fragen hoffentlich mit Begeisterung beantwortet werden.