Vor exakt 1061 Tagen betrat der "fixe Absteiger" Hartberg zum ersten Mal ein Spielfeld in Österreichs höchster Spielklasse. Ausgerechnet mit dem Steirer-Derby gegen Sturm starteten die Oststeirer am 28. Juli 2018 in das Abenteuer Bundesliga. Kleinster Verein, niedrigstes Budget, geringste Überlebenschancen – so könnte man die Ausgangssituation damals beschreiben. Was folgte, war aber nicht etwa eine blau-weiße Eintagsfliege. Vielmehr entwickelte sich Hartberg zum echten Überflieger. Denn aus den von vielen Experten prognostizierten 32 Spielen in der Bundesliga wurden bisher 99.

Mit dem Eintritt in den 100er-Klub heute (17 Uhr, Sky) bei Rapid gehört die Truppe von Präsidentin Brigitte Annerl endgültig zum Inventar der Liga. "Ich würde schon sagen, dass wir all den voreiligen Experten damals gezeigt haben, dass sie vielleicht gar nicht so viel Ahnung haben, wie sie oft tun", erklärt Kapitän Rene Swete mit einer gewissen Genugtuung.

Denn der Aufstieg vor drei Jahren, die 99 darauf folgenden Partien und der erste internationale Auftritt in der Klubgeschichte hinterließen Spuren. "Oft wird vergessen, wie hart wir dafür gearbeitet haben. Das wollen wir aber genauso fortführen", gibt der Kapitän vor, der neben Jürgen Heil, Thomas Rotter, Tobias Kainz und Dario Tadic der letzte verbleibende Leistungsträger des Aufstiegskaders ist. Das Quintett ist somit das letzte Überbleibsel einer längst vergangenen Zeit im unterklassigen Fußball. "Ich fühle mich zwar nicht wie ein Dinosaurier, es ist aber trotzdem wichtig, dass wir unsere Erfahrungen von damals weitergeben", meint der Tormann.

Neben Swete steht mit Dario Tadic nicht nur ein weiterer "Dinosaurier" im aktuellen Kader, der Stürmer war vor 98 Partien auch der erste Torschütze Hartbergs in der Bundesliga. "Eigentlich war es ein Eigentor, glaube ich. Aber ich habe zumindest als erster echter Hartberger getroffen", erinnert sich der 31-Jährige. Neben einer "turbulenten" Partie und "bitteren" Niederlage brannte sich bei der Premiere ein Aspekt ein: die tausenden Zuseher im Grazer Stadion. "Das war ein unglaubliches Gefühl. Viele Hartberger sind nach Graz gekommen. Im Rückblick schätzt man das nach diesen schwierigen Zeiten umso mehr."

Denn die Oststeirer können getrost als die Geisterspiel-Experten der Liga bezeichnet werden. Mehr als ein Drittel aller Partien in der Bundesliga absolvierte die Mannschaft vor leeren Rängen – 36 von 99, um genau zu sein. Umso größer ist die Freude darüber, dass beim 100er in Hütteldorf wieder tausende Fans mit von der Partie sind. "Auch wenn die meisten Zuseher gegen uns sein werden: Genau für so eine Atmosphäre wirst du Fußballer."

Während für Tadic, Swete und Co. also das 100er-Jubiläum bevorsteht, feiern gleich sieben Spieler in den nächsten Wochen wohl ihre Bundesliga-Premiere für Hartberg. Seth Paintsil, Noel Niemann, Nemanja Belakovic, Mario Sonnleitner, Philipp Erhardt, Thomas Kofler und David Stec dürfen sich berechtigte Hoffnungen auf baldige Spielminuten in Blau-Weiß machen. Die Geschichte-Stunde haben sie alle bereits hinter sich gebracht. "Viele wussten nicht, dass wir vor ein paar Jahren noch in der Regionalliga gespielt haben, und kennen die Atmosphäre noch nicht so richtig. Diese Geschichte und Philosophie muss aber immer Teil unserer Kabine bleiben", erklärt Professor Tadic.