Unter Milliardären gehört es in Amerika zum guten Ton, ein eigenes Sports-Team zu besitzen. Egal ob Football, Eishockey, Baseball oder Basketball – Männer im eher gehobenen Alter legen sich gerne eine Mannschaft zu. Als persönliche Spielwiese und als vielversprechendes Investment. Mittlerweile ist in den USA auch der über lange Zeit belächelte Fußball zum gewinnbringenden Engagement geworden. Die Major League Soccer expandiert Jahr für Jahr. Jüngstes Beispiel ist der erst 2018 gegründete Club Internacional de Fútbol Miami - kurz Inter Miami - der mit David Beckham als Anführer einer Gruppe von Eigentümern im Soccer Business mitmischt.

Bevor der beliebteste Sport der Welt in den USA als lukrative Nebenbeschäftigung gesehen wurde, haben sich die US-Milliardäre in der Premier League umgesehen. Viele von ihnen besitzen daher mehr als "nur" einen Verein. Da gäbe es Shahid Khan, der den FC Fulham und die Jacksonville Jaguars sein eigen nennt. Der Amerikaner gilt als Nummer 66 der reichsten Menschen der Welt und als Nummer 1 in seinem Geburtsland Pakistan. Oder Fernsehproduzent Tom Werner, der über die Fenway Sports Group die Geschicke des FC Liverpool und der Boston Red Sox leitet.

Verhasst und verachtet

Und dann wären da noch Stan Kroenke und die Glazer-Familie. Ersterer ist als Bauunternehmer Chef von Arsenal London und unter anderem den Colorado Avalanche und den Denver Nuggets. Den Glazers, deren 2014 verstorbener Patriarch Malcolm einst mit dem Reparieren von Uhren seine berufliche Laufbahn begann, gehören Manchester United und die Tampa Bay Buccaneers. Die Söhne Joel und Avram haben die Führung der Klubs übernommen. Neben dem Besitz von Sportmannschaften haben Kroenke und die Glazers noch etwas gemeinsam. Ihre Vereine kämpfen heute um den Einzug ins Finale der Europa League, sie hätten Gründungsmitglieder der kläglich gescheiterten Super League werden sollen und als Personen werden sie von den Anhängern ihrer Klubs in England regelrecht gehasst und verachtet. Den "Ownern" wird vorgeworfen, der sportlichen Entwicklung der Mannschaften zu wenig Aufmerksamkeit zu schenken und lediglich Geld aus dem Vereinen zu ziehen. Manchester ist seit fast zehn Jahren kein ernsthafter Anwärter mehr auf den Titel in der Premier League. Die Fans werfen den Eigentümern vor, seit der Übernahme im Jahr 2005 mehr als eine Milliarde Dollar aus dem Klub gezogen zu haben. Arsenal droht unterdessen komplett im Mittelmaß zu versinken.

Kroenke und Glazer sollen deshalb das Weite suchen, sind sich die Fans einig. Während die Proteste in Manchester am vergangenen Sonntag in einen Platzsturm und einer erzwungenen Spielabsage mündeten, wird in London hinter den Kulissen an einer Lösung gebastelt. Der Schwede Daniel Ek, CEO des Streamingdienstes Spotify, hat sich als neuer Eigentümer in Stellung gebracht. Ek hat gegenüber Kroenke einen taktisch vielversprechenden Vorteil. Mit Thierry Henry, Dennis Bergkamp und Patrick Vieira zählt er drei Vereinsikonen zu seinen Unterstützern und ist damit automatisch auch in der Gunst der Fans hoch angeschrieben. "Seit ich mich erinnern kann, jubele ich für Arsenal", warf Ek via Twitter seinen Ring in den Hut. Wie englische Medien berichten, könne man erst vom Anfangsstadium einer geplanten Übernahme sprechen. Dass Kroenke sich offiziell noch nicht zum Verkauf bereit zeigte, dürfte auch taktische Gründe haben. Laut Guardian soll der Amerikaner bei einem Preis von zwei Milliarden Pfund (2,3 Milliarden Euro) durchaus dazu bereit sein, sich vom Klub zu trennen. Wie die Times berichtet, sollen auch die Glazers im Lichte der jüngsten Vorfälle und dem Debakel rund um die Super League zu einer Trennung bereit sein. Ein möglicher Interessent müssten allerdings sehr tief in die Tasche greifen. Derzeit ist von einem Verkaufspreis von vier Milliarden Pfund die Rede.

Und sportlich? Da steht United mit einem 6:2 im Hinspiel gegen AS Rom als Finalist so gut wie fest. Arsenal braucht daheim gegen Villareal einen Sieg, um ein englisches Finalspiel perfekt zu machen. Gegen Ex-Trainer Unai Emery konnten die Gunners bei der 2:1-Niederlage zumindest ein Auswärtstor erzielen. Ein Titelgewinn könnte da wie dort dazu beitragen, die bis zum Anschlag erhitzten Gemüter vielleicht wieder etwas abkühlen zu können. Denn sowohl Kroenke als auch die Glazers wissen genau, was sie sich anhören werden müssen, sobald ihre Stadien wieder gefüllt werden dürfen.