Dass ein Trainer seine Mannschaft über ihren neuen Trainer informiert, ist wohl auch noch nicht so häufig vorgekommen. "So ist eben der Fußball", kommentiert ein entspannter Roman Stary diese ungewöhnliche Aufgabe. In der Besprechung am Vormittag vor dem Spiel gegen Sturm Graz hat der Interimscoach den Namen Robin Dutt in die Runde geworfen. Danach ist man wie gewohnt die Standardsituationen durchgegangen. "Es ist jetzt keiner in Jubel ausgebrochen. Als Spieler nimmt man die Situation, wie sie ist", sagt Stary, der als Bald-Wieder-Sportkoordinator eng mit dem neuen Trainer zusammen arbeiten wird und sich von dessen Tätigkeit als Sportdirektor beim DFB Inputs in Richtung Professionalisierung von Akademie und Amateuren erhofft. Ein Bereich, in dem der sehr familiär geführte und ohne fixen Sportdirektor operierende Verein gut und gerne einen Blick von außen vertragen könnte.

Der gelernte Industriekaufmann Dutt bringt Erfahrung aus 139 Spielen in der deutschen Bundesliga mit ins Lavanttal und überstand mit Bayer Leverkusen 2011 die Gruppenphase der Champions League. Bei der Werkself bekam der 56-Jährige erstmals die harte Schnelllebigkeit des Fußballs zu spüren. Daheim die Bayern besiegt, vier Tage darauf mit 1:7 in Barcelona untergegangen, weitere vier Spiele ohne Punkt geblieben, entlassen. Richtig rund ist es auch bei den folgenden Stationen Werder Bremen, VfB Stuttgart (als Sport-Vorstand) und VfL Bochum nicht gelaufen. Die erfolgreichste Zeit liegt schon etwas weiter zurück. 2009 führte Dutt den SC Freiburg als Meister zurück in die Bundesliga.

Der Schritt nach Österreich ist für den Fußballlehrer aus Köln damit auch ein Neustart. Als Sprungbrett zu größeren Vereinen hat sich der WAC nicht nur auf dem Spielersektor einen Namen gemacht. Läuft es in der Liga weiter, wie in den vergangenen zwei Spielen, könnten gleich in der ersten Saison die Scheinwerfer eines internationalen Bewerbs auf Dutt leuchten. Immer auch ein gutes Argument, wenn jemand vielversprechende Spieler aus der Heimat mitbringen möchte.

Und sportlich? Da können sich die Spieler darauf einstellen, dass der Ballbesitz eine übergeordnete Rolle spielen wird. Hinten wird weiter die Viererkette stehen. Davor kann es je nach Gegner variabel werden. Zwei Sechser und eine Solo-Spitze sind zuletzt am häufigsten zum Zug gekommen.

Einer, der Dutt schon jetzt bestens kennt, ist WAC-Abwehrchef Dominik Baumgartner, der wie sein zukünftiger Trainer aus Bochum nach Wolfsberg gekommen ist. "Er hat schon einige große Vereine trainiert. Für den WAC ist das sicher etwas Neues", sagt der 24-Jährige, der den Dutt-Stil als "Pro-Aktiv aber nicht zu 100 Prozent auf Pressing ausgelegt" beschreibt. Für Bochum und Baumgartner ist es unter Dutt nicht optimal gelaufen. "Wir haben ein schwieriges Frühjahr gehabt und er wurde in der neuen Saison dann auch relativ schnell entlassen. So ist das im Fußball", sagt Baumgartner.

Menschlich wird der neue in Köln geborene und um Stuttgart aufgewachsene Leitwolf allgemein als netter und angenehmer, aber auch sehr autoritärer Typ gesehen. Mit ein Grund, warum nach den für den Verein unerfreulichen Vorgängen rund um den Abgang von Ferdinand Feldhofer kein junger Österreicher kommt und man sich bereit für etwas Neues fühlt.

Nach intensiven Gesprächen mit dem Wunschkandidaten ist man im Lavanttal davon überzeugt, dass auch ein großer Name Teil der kleinen Familie werden kann. Ein möglicher Grund dafür: Zu Beginn der Corona-Pandemie im Vorjahr machte eine in den kommerzialisierten Auswüchsen des Fußballs selten gewordene Nachricht die Runde. Um den VfL Bochum in der Krise zu unterstützen, verzichtete Dutt nach seiner Freistellung auf Gelder aus seinem noch laufenden Vertrag.