In der Gruppe H führt West Ham nach vier von sechs Runden mit zehn Punkten vor Dinamo Zagreb (6), KRC Genk (4) und Rapid (3.). Endrang eins bedeutet den Aufstieg ins Achtelfinale, Platz zwei die Teilnahme am Sechzehntelfinale und Rang drei den Umstieg ins Sechzehntelfinale der Conference League. Allerdings könnte schon nach dem Duell mit dem Premier-League-Club feststehen, dass Rapid die Gruppe H als Letzter abschließt und damit ausgeschieden ist - und zwar dann, wenn die Londoner in Wien gewinnen und Genk gleichzeitig im Parallelmatch bei Zagreb drei Punkte einfährt.

Dieses Szenario will Rapids aktueller Coach Steffen Hofmann unbedingt vermeiden. Der Interimsnachfolger von Dietmar Kühbauer erinnert sich lieber an legendäre Europacup-Schlachten der Hütteldorfer, bei denen er selbst mit dabei war, so etwa gegen Aston Villa. Wie damals sei auch diesmal eine Überraschung gegen einen Premier-League-Vertreter möglich, betonte Hofmann. "Wir müssen Mut an den Tag legen und werden das auch tun", kündigte der gebürtige Deutsche an. Man werde "mit Rapid-Geist ins Spiel gehen, alles geben und schauen, was rauskommt".

Hofmann ist mit 74 internationalen Einsätzen und 25 Toren Rapid-Rekordler, sein Club steht gegen West Ham vor dem 300. Europacup-Match. Dass zu diesem Anlass keine Fans zugelassen sind, schmerzt. "Es ist extrem traurig. Gerade in so einem Spiel hätten sie uns sehr helfen können", meinte Hofmann.

Die triste Kulisse wird die Motivation aber nicht schmälern, versprach der 41-Jährige. "Europacup ist das Schönste für einen Spieler, etwas ganz Spezielles", sagte Hofmann. Der Rapid-Rekordspieler debütierte am Samstag beim 1:0 gegen Altach in seiner neuen Rolle, seit zwei Wochen leitet er das Training der Profis. Wie lange dies der Fall sein wird, ist offen. "Bis Zoki (Anm.: Geschäftsführer Sport Zoran Barisic) kommt und sagt: 'Das war's, der Nächste bitte'", schmunzelte Hofmann.

In der Zwischenzeit will er weiter als Trainer reifen. "Ich weiß, was ich kann und was ich nicht gut kann, und da habe ich einige um mich herum, die mich gut unterstützen", erzählte der einstige Regisseur. Als eine seiner Stärken sieht Hofmann die Fähigkeit, sich in Spieler hineinversetzen zu können, sowie eine gewisse Gelassenheit. "Ich nehme mich nicht wichtiger, als ich bin, egal in welcher Position ich bin."

Luft nach oben erkennt Hofmann bei sich selbst in punkto Erfahrung - diesbezüglich ist ihm West-Ham-Coach David Moyes mit vorangegangenen Trainerstationen bei Everton, Manchester United und Real Sociedad um einiges voraus. Unter dem Schotten habe West Ham eine bemerkenswerte Entwicklung hingelegt, so Hofmann. "Sie sind physisch stark und haben tolle Spieler. Es ist eine große Aufgabe für uns, aber wir freuen uns drauf." Nicht mitwirken können Richard Strebinger, Kevin Wimmer und Leo Greiml. Dafür stehen im Gegensatz zur Altach-Partie der aus der Corona-Quarantäne freigetestete Maximilian Hofmann und Jung-Papa Koya Kitagawa wieder zur Verfügung.

West Ham ist aktuell Vierter der Premier League und holte zuletzt in Pflichtspielen sechs Siege und ein Remis, ehe es am Sonntag mit dem 0:1 in Wolverhampton einen Rückschlag setzte. Am Sonntag wartet eine Auswärtspartie gegen den zweitplatzierten Titelverteidiger Manchester City, das ist eines von noch elf Pflichtspielen in diesem Jahr, weshalb Rotation bei den "Hammers" ein großes Thema ist. "Wir müssen aufgrund der vielen Spiele einiges durchmischen. Da wir auf einen starken Gegner treffen, können wir uns aber auch nicht zu viel leisten", gab Moyes Einblick.

Fix ist, dass Einsergoalie Lukasz Fabianski und Topstürmer Michail Antonio gar nicht erst die Reise nach Wien antraten - wie auch der am Kreuzband verletzte Angelo Ogbonna. Gut möglich ist, dass zusätzlich der ein oder andere Schlüsselspieler wie Declan Rice, Torschütze beim 2:0 gegen Rapid im September, eine Pause erhält. "Wir wollen die Gruppe als Erster abschließen. Natürlich wäre ein Sieg morgen toll, aber zur Not haben wir noch ein Spiel in der Tasche", weiß Moyes.

Sein Respekt vor den Hütteldorfern ist groß. "Es wird ein ganz schweres Spiel werden, das haben wir schon im London Stadium gesehen und erwarte ich auch morgen", sagte der 58-Jährige. Das Antreten vor leeren Rängen sei keineswegs ein Vorteil. "Es ist unerwartet für uns gekommen, wir haben uns schon auf ein volles Stadion und die Atmosphäre hier gefreut. Ohne Fans ist es immer etwas Anderes, ich hoffe, dass wir damit umgehen können." West Ham verzichtete auf ein Abschlusstraining im Allianz Stadion und trainierten stattdessen am Mittwoch vor der Abreise noch in London.