"Eigentlich ist das ein Bottom-Up-Prozess, der alle Teile der Gesellschaft betreffen soll", sagt Bettina Leidl. Als Leiterin des Kunst Haus Wien hat sie seit langem Umweltthemen ganz oben auf ihrer Agenda, schließlich gilt ja Künstler Friedensreich Hundertwasser als einer der Pioniere der Öko-Bewegung. Als Chefin der Österreich-Sektion des Museumsverbands ICOM (International Council of Museums) hat sie ein aufwendiges Pilotprojekt initiiert, bei dem viele andere Museen mit ins Boot geholt werden sollen. Jeweils ein Museum sollte sich dabei einem der SDGs, der Sustainable Development Goals, widmen und dazu eine eigene Schwerpunktwoche veranstalten.

Die 17 Museen wurden von ICOM Österreich ausgewählt und angesprochen. "Wir wollten alle Bundesländer dabei haben, alle Größen und alle Sparten", sagt Leidl im Gespräch mit der APA. Die Vergabe der jeweiligen SDGs erfolgte per Losentscheid, wobei Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne) persönlich die Glücksfee spielte. "Natürlich haben dann manche gesagt, sie hätten ein schlechtes Los gezogen und wollten tauschen", erinnert sich Leidl. Doch gerade das Graz Museum, das mit dem SDG 14 (Leben unter Wasser) zunächst sehr unglücklich gewesen sei, habe Anfang Oktober eine tolle Aktionswoche hingelegt, bei der etwa die Verschmutzung der Mur, die Themen Mikroplastik oder Überschwemmungen behandelt wurden und man sich auch ein Zitat von Ingeborg Bachmann zu eigen gemacht habe: "Graz liegt am Meer."

Das SDG 6 (Sauberes Wasser und sanitäre Einrichtungen) wurde der Österreichischen Galerie Belvedere zugelost. "Das ist eine schöne Sache", meint Roland Skreta, Abteilungsleiter Facility Management. Das Ziel sei, das Haus zum "Grünen Museum" zu machen, ein Etappenziel ist dabei die Zertifizierung mit dem Umweltzeichen, das von den heimischen Museen bisher das Naturhistorische und das Technische Museum, die Nationalbibliothek, das MAK, das Kunst Haus Wien sowie das Museum Niederösterreich, die Römerstadt Carnuntum, das Universalmuseum Joanneum und das Kunsthaus Graz erhalten haben. "Bei der Zertifizierung sind wir im Endspurt. Sie ist ebenso wie das 17x17-Projekt ein großer Hebel für die Aktivitäten in unserem Haus. Das Nachhaltigkeitsthema ist ein Muss. Das sind auch die Direktion so."

Während sich Skreta über Nachhaltigkeits-Ansätze wie Wasserspartasten in den Toiletten bis zur sorgfältigeren Auswahl von Lieferanten Gedanken macht, hat seine Kollegin Christiane Erharter, Kuratorin für Community Outreach, für die am 8. November im Belvedere startende Aktionswoche eine 17 Stationen umfassende "Wassertour" durch das ganze Areal mit entworfen. "Dabei sind die historischen Wasserspiele in den barocken Gartenanlagen ebenso ein Thema wie der große Wasserverbrauch, der für die Gewinnung von Edelmetallen notwendig ist." Behandelt wird dieser Aspekt vor dem berühmtesten Gemälde des Belvedere, Klimts golden strahlenden "Kuss". Das Tour-Booklet verweist auf die giftigen Schwermetalle, die bei den üblichen Abbaumethoden in die Gewässer und in die Nahrungskette kommen: "Die meist schon beim Abbau ausgebeuteten Menschen werden so auch noch ihres Zugangs zu sauberem Wasser beraubt. Den Gewinn streichen andere ein. Zurück bleibt eine Giftbrühe." Ungewohnte Worte in einem Kunstmuseum. "Die jungen Mitarbeiter am Haus sind von Fridays for Future geprägt und fordern dieses Bewusstsein energisch ein", sagt Erharter.

Am Museum der Moderne Salzburg (SDG 2: Keine Hungersnot) hat man die Schwerpunktwoche Mitte Oktober bereits absolviert und sich dabei zudem mit dem Salzburger Freiluftmuseum Großgmain (SDG 4: Hochwertige Bildung) zusammengetan. Der Welternährungstag (16. Oktober) wurde als Aktionstag genutzt, an dem verschiedenste Initiativen und NGOs von der Caritas bis zum Biohof im Museum Info-Stände betrieben. Eine große Podiumsdiskussion hatte jedoch nur an die 30, 35 Zuhörerinnen und Zuhörer. "Wir hätten uns natürlich mehr gewünscht, aber es geht darum, jetzt am Ball zu bleiben. Wir müssen einfach mehr tun, um noch mehr Resonanz zu erzielen", sagt Museumsdirektor Thorsten Sadowsky. Denn eines sei klar, sagt er: Der begonnene Prozess geht weiter. Das gilt sowohl für den Museumsbetrieb (auch das MdM strebt das Umweltzeichen an), als auch für die Ausstellungen. "Es gehört zu unserem Selbstverständnis, dass wir uns als Museum für moderne Kunst mit aktuellen Fragestellungen mitten in der Gesellschaft positionieren - als Museum für alle!"

Was am 6. September im Steirischen Feuerwehrmuseum begonnen hat, soll am 29. November bei einer großen Abschlussveranstaltung bilanziert werden. Gastgeberin ist die Generaldirektorin des Naturhistorischen Museums (NHM), Katrin Vohland, der Nachhaltigkeitsthemen schon lange ein großes Anliegen sind. "Es ist wichtig, den Menschen nicht nur zu sagen, wie furchtbar alles ist, sondern mit ihnen darüber zu sprechen, was man konkret alles ändern kann." Das NHM hat SDG 17 gezogen (Partnerschaften) und im September auch schon das erste große Dialogforum von 17x17 veranstaltet. Das Thema Partnerschaften wird auch bei der Vorbereitung zu der für 2022 geplanten großen Brasilien-Ausstellung groß geschrieben. "Hier wollen wir auch stark die indigene Perspektiven mit einbeziehen." Und im Haus ist man überall unterwegs, um nachhaltiger zu werden, buchstäblich vom Keller (wo man geothermische Bohrungen unternimmt) bis zum Dach (wo Solarzellen aufgestellt werden). Auch das Thema Dienstreisen steht auf der Agenda: "Wir würden gerne CO2-neutral werden."

"Museen werden so zu Pionieren für soziale, ökologische und ökonomische Weiterentwicklung", hatte Staatssekretärin Andrea Mayer dem Projekt 17x17 mit auf den Weg gegeben. Das nächste Ziel muss es sein, selbst Nachhaltigkeit zu beweisen und die Erfahrung der von den 17 Role-Models durchgeführten Schwerpunktwochen für alle nutzbar zu machen. Das Potenzial ist groß: Bei ICOM Österreich sind nicht weniger als 782 Museen registriert. Und die Themen sind gekommen, um zu bleiben.

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