Litauens Außenminister Gabrielius Landsbergis sagte bei RTL/ntv: "Nach unseren Berechnungen ist es möglich, dass im August und September weitere 18 000 Menschen aus dem Irak und einigen anderen Ländern kommen werden." Lukaschenko verfüge über ein weltweites Netzwerk. Der Machthaber sei im Begriff, "Visa-Anforderungen für mehr als 70 Länder zu erleichtern", sagte der Minister.

Der Europäische Auswärtige Dienst lud wegen des Flüchtlingskonflikts auch den belarussischen Geschäftsträger in Brüssel vor. Wie eine Sprecherin der EU-Kommission am Donnerstag mitteilte, habe man sich dabei gegen die "Instrumentalisierung" von Flüchtlingen durch Minsk gewandt.

Lukaschenko hat in der Vergangenheit offen damit gedroht, als Reaktion auf die gegen sein Land verhängten EU-Sanktionen Menschen aus Ländern wie dem Irak, Afghanistan oder Syrien über die Grenze zu lassen. In den vergangenen Wochen schickte etwa die EU-Grenzschutzbehörde Frontex zusätzliches Personal nach Litauen, um illegale Grenzübertritte zu verhindern. Auch Österreich unterstützt Litauen mit 13 Cobra-Beamten im Grenzschutz.

Die Europäische Union konnte indes auf diplomatischer Ebene einen ersten Erfolg dabei erzielen, den Flugverkehr zwischen dem Irak und Belarus zu unterbinden. Eine Sprecherin der EU-Kommission bestätigte am Donnerstag auf eine entsprechende Journalistenfrage die Information, wonach der Irak ein Verbot bis zum 15. August verkündet habe. Man sei mit Bagdad in dieser Frage weiterhin auf allen Ebenen in sehr intensivem Kontakt, sagte die Sprecherin.

In dem baltischen EU-Land haben in den vergangenen Wochen mehrere Hundert Migranten illegal die Grenze aus dem Nachbarland Belarus überschritten. Nach offiziellen Angaben wurden in diesem Jahr bereits rund 3.500 Menschen an der fast 680 Kilometer langen Grenze zu Belarus aufgegriffen. Die meisten davon beantragten Asyl. Litauen ist einer der größten Fürsprecher der Demokratiebewegung im Nachbarland und seit längerem ein Zufluchtsort der belarussischen Opposition.

Lukaschenko will nun offensichtlich verhindern, dass die EU die aufgegriffenen Migranten zurück nach Belarus schickt. Er sagte, eine "Bedrohung" für sein Land wäre es, wenn Migranten an den Übergangsstellen gesammelt und dann "unter Androhung von Waffengewalt ins Staatsgebiet von Belarus abgeschoben" würden. Die EU hatte nie entsprechende Absichten geäußert.