Die Russland-Affäre um Donald Trump hat dessen Präsidentschaft jahrelang wie ein Schatten begleitet. Der Verdacht, Russland habe seinen Wahlkampf 2016 unterstützt, stand im Raum; viele Fragen blieben offen. Am Montag hat nun Craig Unger, Bestsellerautor der "New York Times" ein Buch mit dem Titel "American Kompromat" veröffentlicht, in dem er behauptet, der KGB habe schon seit 40 Jahren enge Beziehungen zu Trump gepflegt. Als Quellen zitiert Unger unter anderem russische Insider und ehemalige CIA-Leute.

Die britische Zeitung "The Guardian" zitiert am Freitag Jurij Schwez, einen ehemaligen KGB-Agenten, der auch im Buch vorkommt, mit der Aussage, Trump sei gezielt als Werkzeug aufgebaut worden - und habe sich als so willig erwiesen, anti-westliche Propaganda zu verbreiten, dass man in Moskau gejubelt habe. Der KGB habe Trump vorgespielt, "unglaublich beeindruckt von seiner Persönlichkeit" zu sein. Aufmerksam geworden sei man auf Trump unter anderem 1977, als er Ivana Zelnickova heiratete, damals Model aus der Tschechoslowakei: Trump habe schon damals davon gesprochen, eines Tages Präsident werden zu wollen.

Schwez, mittlerweile 67, ist auch eine der Hauptquellen in Ungers Buch. Er vergleicht Trump mit den "Cambridge five", dem britischen Spionage-Ring, der während des Zweiten Weltkriegs Geheimnisse an Moskau weitergab. Schwez arbeitete übrigens früher mit Alexander Litwinenko zusammen, dem Ex-Agenten, der 2006 in Großbritannien mit radio-aktivem Polonium vergiftet worden war.

In "American Kompromat" schreibt Craig Unger nun, dass der russische Geheimdienst Trump schon in den 1980er und 1990er Jahren mehrfach vor finanziellem Ruin bewahrt habe. Das würde bedeuten, dass die Verbindung Trumps zu Russland nicht erst im Wahlkampf von 2016 begann, sondern, so Unger, schon in den 70er Jahren. Trump sei aufgrund seiner Charakter-Eigenschaften für den KBG attraktiv gewesen - weil er "eitel, narzisstisch, sehr anfällig für Schmeicheleien und gierig" sei, so der Autor.

Der Begriff "Kompromat" wird in Russland umgangssprachlich für "diskreditierendes Material" gebraucht, das gegen einen Politiker oder eine Person des öffentlichen Lebens verwendet wird, um ihn etwa zur Kooperation zu zwingen. Tatsächlich erhebt Unger in dem Buch harte Vorwürfe gegen Trump: Die jahrzehntelange Beziehung zwischen Trump und Russland habe unter anderem Geldwäsche, Sexpartys mit dem später verurteilten Jeffrey Epstein und dann die Einmischung Russlands in den US-Wahlkampf beinhaltet. Trump habe Putin alles gegeben, was er wollte, behauptet Unger.

Trumps Russland-Verbindungen waren während seiner Amtszeit mehrfach im Fokus gestanden. Eine Untersuchung des Senats hat bestätigt, dass es im Vorfeld der Präsidentenwahl 2016 zahlreiche Kontakte russischer Geheimdienstmitarbeiter mit dem Team von Trump gegeben hat. Trumps früherer Wahlkampfmanger Paul Manafort habe eng mit einem russischen Geheimdienstagenten zusammengearbeitet.

Kurz vor dem Ende seiner Amtszeit am 20. Januar 2021 hat Trump vier ehemalige Berater begnadigt, die im Zuge der Russland-Affäre ins Visier der Justiz geraten waren.

Sonderermittler Robert Mueller hat 2019 einen 400-seitigen Untersuchungsbericht abgeliefert. Der größte Teil davon – abgesehen von diversen geschwärzten Stellen – wurde im April veröffentlicht. Demnach hat sich der Verdacht auf eine Komplizenschaft zwischen Trumps Wahlkampf-Team und Russland nicht beweisen lassen.

Was dran ist an Craigs Vorwürfen, werden weitere Ermittlungen zeigen. Doch eine Frage wird sich nun auch Craig Unger gefallen lassen müssen: Warum hat er sein Wissen erst jetzt, nach Ende von Trumps Amtszeit, der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt?