Auch Deutschland verschärft seine Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie. Kanzlerin Angela Merkel  verkündete am Montag weitere Kontaktbeschränkungen. "Die Lage ist ernst", sagte Merkel. Bislang habe man es nicht geschafft, die vierte Welle zu brechen, gestand die Noch-Kanzlerin ein. Es gebe derzeit eine gewisse Beruhigung, aber auf viel zu hohem Niveau.

Zentrale Maßnahme ist die 2G-Regelung. Eine der Maßnahmen stellt zudem die Schließungen von Clubs und Diskotheken dar. Kriterium dafür ist laut Merkel eine Inzidenzgrenze von 350 im jeweiligen Landkreis. „Die Ungeeimpften machen nun mal einen Großteil der Infektionen und schweren Fälle aus", betonte der Berliner Bürgermeister Michael Müller. Von einem Lockdown sei man aber weit entfernt.

Noch wurde keine Impfpflicht beschlossen - Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihr künftiger Nachfolger Olaf Scholz wiesen darauf hin, dass für eine für eine allgemeine Impfpflicht zunächst der Bundestag beraten muss. Wäre sie noch im Bundestag, würde sie für eine Impfpflicht stimmen, erklärte Merkel. Zuvor war bekannt geworden, dass Bund und Länder in Deutschland eine allgemeine Impfpflicht bis "etwa ab Februar 2022" einführen wollen. Das ging aus einem der Nachrichtenagentur Reuters vorliegenden Entwurf für die Ministerpräsidentenkonferenz am Donnerstag hervor.

Der Ethikrat soll bis Jahresende eine Empfehlung vorlegen. Eine Impfpflicht für Personal etwa in Pflegeheimen soll zuvor beschlossen werden. Bund und Ländern haben sich laut Entwurf bereits auf Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte verständigt.

Demnach sind die Kontakte künftig auch im privaten Umfeld auf einen Haushalt sowie "höchstens zwei Personen eines weiteren Haushalts" beschränkt. Kinder unter 14 Jahren sind ausgenommen.

Festgeschrieben werden soll von der Ministerpräsidentenkonferenz auch das Ziel, bis zu 30 Millionen Menschen bis Weihnachten zu impfen. Die Zahl der Besucher bei Veranstaltungen im Freien soll auf maximal 30 Prozent der Zuschauerkapazität und maximal 15.000 Zuschauende begrenzt werden. Dies betrifft etwa Spiele der Fußball-Bundesliga. In den Schulen soll in allen Alterstufen eine Maskenpflicht gelten.

Die geschäftsführende Kanzlerin Angela Merkel, ihr designierte Nachfolger Olaf Scholz und die 16 Ministerpräsidentinnen und -präsidenten beraten ab 11.00 Uhr über neue Corona-Beschlüsse. Zur geplanten Schließung von Clubs und Diskotheken gab es demzufolge noch keine Festlegung, ob eine Schwelle von 350 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen konsensfähig ist. Grundsätzliche Einigkeit herrscht demnach aber über weitreichende Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte. In der Vorlage heißt es dazu: "Private Zusammenkünfte im öffentlichen oder privaten Raum, an denen nicht geimpfte und nicht genesene Personen teilnehmen, sind auf den eigenen Haushalt sowie höchstens zwei Personen eines weiteren Haushaltes zu beschränken."

Kinder bis zur Vollendung des 14 Jahres seien davon auszunehmen. Ehegatten, Lebenspartner und Partner nichtehelicher Lebensgemeinschaften sollten als ein Haushalt gelten, auch wenn sie keinen gemeinsamen Wohnsitz haben. "Private Zusammenkünfte, an denen ausschließlich Geimpfte und Genesene teilnehmen, sind davon nicht berührt."

Bei Weihnachtsmärkten soll der Zugang bundesweit und unabhängig von der Neuinfektionsrate auf Geimpfte und Genesene (2G) beschränkt werden. "Ergänzend kann ein aktueller Test vorgeschrieben werden (2G Plus)", heißt es in dem Arbeitspapier. "Die Teilnahme an Karnevalsveranstaltungen ist nur für Geimpfte und Genese möglich, die einen aktuellen Test vorweisen müssen (2G Plus)."

Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hofft unterdessen als aktueller Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) weiter auf Einsicht bei bisher nicht gegen das Coronavirus geimpften Personen. Jeden Tag komme es noch zu neuen Erstimpfungen, sagte Wüst am Donnerstag im ZDF-"Morgenmagazin". Die sich weiter verschärfende Lage und die Debatte bringe "den ein oder anderen doch noch zur Vernunft", das müsse man anerkennen, meinte Wüst kurz vor der Bund-Länder-Runde zu schärferen Corona-Maßnahmen.

"Wir reden jetzt von einer Impfpflicht, nicht von einem Impfzwang", sagte Wüst. "Das heißt aber am Ende auch, dass das Bußgeld bewährt ist, dass man Strafen zahlen muss, wenn man sich nicht dran hält, das kennen wir auch bei anderen Pflichten in unserem Land. Und das ist, glaube ich, der richtige Weg."

Im "Frühstart" von RTL/ntv räumte Wüst bei der Haltung der Politik zur Impfpflicht eine Art Wortbruch ein. "Man kann das Wort nicht halten, was man gegeben hat. Es waren auch Versprechen, die gegeben worden sind vor dem Hintergrund, dass man geglaubt hat, es würden sich alle impfen lassen. Das ist nicht passiert." Nun müsse man mit dieser Situation umgehen. "Es ist keine Kleinigkeit, aber wir müssen es jetzt tun, weil wir sonst aus der Dauerschleife von Lockerungen und Lockdowns nicht mehr rauskommen." Das Impfangebot sei stark ausgeweitet worden, sagte der NRW-Regierungschef im "MoMa". So sei Köln von einer Kapazität von früher 3000 Impfungen täglich nun auf dem Weg "in Richtung 15.000 Impfungen" pro Tag. Im Land werde "eine ganze Menge mehr gemacht als noch vor einigen Wochen".

Die deutschlandweite Sieben-Tage-Inzidenz sank unterdessen zum dritten Mal in Folge leicht. Das Robert Koch-Institut (RKI) gab den Wert der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und Woche am Donnerstagmorgen mit 439,2 an. Am Montag war ein Höchstwert von 452,4 erreicht worden, am Dienstag hatte der Wert bei 452,2 gelegen, am Mittwoch bei 442,9. Im Vormonat war der Wert bei 154,5 gelegen. Die Gesundheitsämter in Deutschland meldeten dem RKI binnen eines Tages 73.209 Corona-Neuinfektionen. Das geht aus Zahlen hervor, die den Stand des RKI-Dashboards von 03.51 Uhr wiedergeben. Vor genau einer Woche waren es 75.961 Ansteckungen gewesen.