Tirols Wirtschaftskammerpräsident Christoph Walser (ÖVP) hält Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz zwar trotz der Inseraten-Korruptionsaffäre für "schon noch tragbar" als Obmann der Volkspartei, macht dessen Verbleib aber vom Auftauchen möglicher weiterer Chats abhängig. Sollten noch Chats publik werden, in denen etwa "Landeshauptmänner oder Landeshauptfrauen massiv beleidigt werden", dann "wirds schwierig", sagte Walser im Gespräch mit der Austria Presse Agentur. Bekanntlich hat die WKStA erst rund ein Drittel der Chats von Ex-ÖBAG-Chef Thomas Schmid ausgewertet.

"Keine One-Man-Show mehr"

Massiven Gesprächsbedarf ob der bekannt gewordenen Chats sah Walser jedenfalls bereits jetzt. Es brauche eine "interne Aufarbeitung" der Geschehnisse. Und der gewichtige Tiroler WK-Präsident und Wirtschaftsbund-Vize machte klar, dass parteiintern einiges nicht so bleiben könne, wie es bisher war: "Es darf keine One-Man-Show mehr geben".

Einige Fundamente der Partei seien in der Ära Kurz "ein bisschen mit Füßen getreten worden". "Es braucht eine Rückbesinnung auf Menschen, die auch mit der Normalbevölkerung Kontakt haben. Es braucht eine Erdung. Man hat sich ein bisschen von der Realität und der Basis entfernt. Wir sind die Volkspartei, die Partei des normalen Volkes - mit einer christlich-sozialen Gesinnung", richtete Walser den Verantwortlichen auf Bundesebene aus.

Glorifizierung statt Disput

In den vergangenen Jahren sei ein "System aufgebaut worden", in dem oft nicht zugelassen worden sei, dass es "da und dort kritische Stimmen" gibt: "Eine Partei lebt aber von konstruktiv-kritischen Stimmen und Menschen". "Es gilt vieles aufzuarbeiten", so Walser. Jemandem "jegliche Macht in die Hand zu geben" - dies werde es in Zukunft nicht mehr geben können. Kurz sei ja im Zuge seines politischen Aufstieges "glorifiziert" worden, fast als eine Art "Wiedergeburt Gottes".

Was die bisher veröffentlichten Chatprotokolle in Zusammenhang mit der Ablöse von Reinhold Mitterlehner offenbarten, sei "einer Partei nicht würdig". Dass man verdiente Funktionäre, die sich jahrzehntelang für die Partei eingesetzt haben, als "alte Deppen" abkanzle - "das tut man nicht".

"Kurz-Rückkehr unwahrscheinlich"

Dass Kurz im Falle der Einstellung der strafrechtlichen Ermittlungen während der laufenden Legislaturperiode als Kanzler zurückkehren könnte, hielt Walser indes für "eher unwahrscheinlich": "Es schaut eher nicht so aus, als dass das funktionieren würde". Zudem müsse man dann wohl auch auf den Koalitionspartner Grüne Rücksicht nehmen. Denn sollte sich dieser gegen eine Rückkehr aussprechen und die Koalition gesprengt werden, wäre dies "kontraproduktiv".