Am Dienstag, dem Tag, an dem ein neuer Kanzler und ein neuer Außenminister erstmals im Parlament sprechen und mehrere Misstrauensanträge gegen die Regierung - oder zumindest Teile derselben - eingebracht werden, wird auch die Meinungsforscherin Sabine Beinschab verhaftet. Die Staatsanwaltschaft befürchtet wohl Verdunkelungsgefahr.

Konkret soll Beinschab am 5. Oktober Serverdaten gelöscht haben. Am 6. Oktober fanden dann im Auftrag der WKStA Razzien im Bundeskanzleramt, der ÖVP-Zentrale, der Tageszeitung "Österreich" sowie bei den Meinungsforscherinnen Sophie Karmasin und Sabine Beinschab statt. Eine erste Auswertung zeigt nun, dass auf den sichergestellten Datenträgern zuvor viel gelöscht werden dürfte. Um weitere mögliche Löschversuche durch Beinschab zu verhindern, wurde sie nun festgenommen.

Festnahme "drastisch", klassische Untreue

Eine Festnahme sei jedenfalls "drastisch", sagt Robert Kert, Strafrechtsprofessor an der Wirtschaftsuniversität Wien, am Dienstag in der ZIB2. Immerhin handle es sich um eine der härtesten Waffen der Justiz. Grundsätzlich sei das Löschen von eigenem Eigentum - also etwa dem Handy oder Laptop - nicht illegal. "Problematisch wird es dann, wenn dieses Eigentum irgendwie ein Beweismittel in einem Verfahren sein kann." Strafrechtlich relevant wäre dies aber nur, wenn man konkret wisse, dass das konkrete Objekt als Beweismittel gebraucht wird, so Kert.

Die Staatsanwaltschaft wirft den Beschuldigten missbräuchliche Verwendung von Steuergeld des Finanzministeriums vor, um einerseits Umfragen bei Beinschab in Auftrag zu geben, und um andererseits Inserate in der Mediengruppe "Österreich" zu schalten. Beides soll im Interesse von ÖVP-Chef Sebastian Kurz passiert sein. Bestechung, Bestechlichkeit und Untreue lauten die Vorwürfe. Für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung.

Dass Geld aus dem Finanzministerium zum Schaden des Staats missbräuchlich verwendet sein soll, "wäre klassische Untreue", sagte Kert. Dass sich eine Zeitung für freundliche Berichterstattung kaufen ließe, sieht er aber nicht als strafbar an. "Also das war unanständig, aber nicht strafbar?", fasste Moderator Armin Wolf zusammen. "Ja", bestätigt der Experte.

"Gewagte Konstruktion"

Den Vorwurf der Staatsanwaltschaft, dass Beamte des Finanzministeriums durch freundliche Berichterstattung bestechlich sein sollten, nannte Kert "eine gewagte Konstruktion". Zu sagen, dass positive Berichterstattung "tatsächlich ein Vorteil ist", sei schwierig.

Auch dass Sebastian Kurz als Bestimmungstäter geführt wird, kann der Strafrechtsexperte aus der Anordnung zur Hausdurchsuchung allein nicht nachvollziehen: "Es muss irgendwie eine Handlung von ihm vorliegen, die die Amtsträger dazu veranlasst hat, die Untreue oder die Korruptionsdelikte zu begehen." Dass das System Kurz genutzt haben soll, reiche nicht. "Bestimmungstäterschaft bedeutet umgangssprachlich Anstiftung." Das sehe er eben in dem Akt noch nicht, so Kert.