Die EU rückt näher an Wien heran - zumindest symbolisch. Martin Selmayr, Leiter der Vertretung der EU-Kommission in Österreich, wird heute Wiener Straßenbahnen mit EU-Flaggen ausstatten. Als Zeichen, dass sich was bewegen soll in der Union - aber so einfach ist das nicht.

An ihren besseren Tagen ist die EU in etwa so einfach verständlich und bürgernah wie das späte oströmische Imperium. Parlament, Kommission, Räte, dazu 27 innenpolitische Prozesse, die in alle Institutionen ausstrahlen...es ist kompliziert, und zwar auch, weil es die Mitgliedstaaten so wollen.

Umso schmerzhafter ist es, dass die ausgezeichnete Idee, einen großen Zukunftsprozess zu starten, was diese Union in Zukunft denn so werden soll, ähnlich sperrig daherkommt wie ein Paar Schuhe im Kaufhaus Österreich zu ordern. Am 9. Mai - Europatag! - hat die Union formal den Kickoff zu der "Konferenz zur Zukunft Europas" gegeben.

"Einzigartige und günstige Gelegenheit"

Selbige hat es sich zum Ziel gesetzt, "eine einzigartige und günstige Gelegenheit für die europäischen Bürgerinnen und Bürger, um die Herausforderungen und Prioritäten Europas zu erörtern" sein zu wollen. Ein hehres Anliegen, es gäbe wohl genug zu besprechen - von inhaltlichen Anliegen wie Klima-, Migrations- oder Finanzpolitik bis zu formalen Fragen, wie man mit Problembären wie Polen umgeht, wo nicht einmal das Verfassungsgericht mehr ordnungsgemäß zusammengesetzt ist.

Leider kommt das ganze zunächst einmal so sperrig daher, wie man es erwarten würde, wenn schon die Ankündigung der Einrichtung einer Website mit den Worten "Der Exekutivausschuss der Konferenz zur Zukunft Europas, dem Vertreter des Europäischen Parlaments, des Rates der Europäischen Union und der Europäischen Kommission angehören, eröffnet die mehrsprachige digitale Plattform der Konferenz zur Zukunft Europas" anhebt. Die Website ist eher unzugänglich, der Sinn des ganzen erschließt sich erst nach umfangreichem Studium mehrerer pdf-Dokumente, man bekommt den Eindruck, so ganz nah an den Bürger soll das ganze eher nicht kommen.

Wenig überraschend hält sich also auch der Andrang vorerst in Grenzen: In Österreich sind in den kommenden Wochen gerade einmal acht Veranstaltungen zur Zukunft Europas gelistet, davon eine, die im norddeutschen Bremen stattfindet, aber aus unerfindlichen Gründen im niederösterreichischen Ardagger angezeigt wird.

So, das war der ein wenig grantige Teil. Weil es aber nicht nur hierzulande die Tendenz gibt, wichtige Entwicklungen im EU-Apparat zu übersehen und dann völlig überrascht zu sein, wenn sie sich manifestieren, ein Tipp: Behalten Sie die Seite futureu.europa.eu im Auge und wenn Sie sich für die Union interessieren, nehmen Sie doch einmal testweise an einer Veranstaltung teil.

Bundesrat bittet um Video-Impulse

Für ganz kurz Entschlossene hat eine andere etwas sperrige Organisation sogar eine Abkürzung parat: Der Bundesrat bittet um kurze Video-Impulse zur Zukunft Europas, Präsident Buchmann verspricht, die besten davon in die Konferenz weiterzutragen. Das kostet mit dem Smartphone gerade einmal ein, zwei Minuten - und nachdem die Aktion bis jetzt gerade einmal 11 Teilnehmer hat, findet sich wahrscheinlich kein direkterer Weg, einem Anliegen Gehör zu verschaffen. Einsendeschluss ist morgen, Dienstag, beeilen Sie sich.