Die Europäische Union wartet Insidern zufolge auf zehn Millionen Dosen des Corona-Impfstoffs von Pfizer/BioNTech, die eigentlich im Dezember fällig gewesen wären. Damit stehen etwa ein Drittel der bis jetzt erwarteten Lieferungen noch aus, erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch von EU-Vertretern. Die EU-Kommission handelte indes einen Vertrag über die Lieferung von bis zu 300 Millionen Dosen des Pfizer-Konkurrenten Modernaaus.

Bisher habe Pfizer etwa 28 Millionen Dosen des Impfstoffs an die EU geliefert, wie einer der Vertreter und eine mit dem Vorgang vertraute Person sagten. Das seien etwa zehn Millionen Dosen weniger, als Pfizer versprochen habe, sagte der EU-Vertreter. Pfizer wollte sich mit Verweis auf die Vertraulichkeit der Lieferpläne nicht äußern. Bei der EU-Kommission war keine Stellungnahme erhältlich.

Der Covid-19-Impfstoff von BioNTech und Pfizer hatte am 21. Dezember eine bedingte Marktzulassen in der EU erhalten. Am Folgetag teilte BioNTech mit, die Unternehmen würden bis Ende des Monats 12,5 Millionen Dosen für die EU liefern. Aus den EU-Kreisen verlautete, es sei jedoch nur ein Teil rechtzeitig verschickt worden. Dagegen sagte die mit dem Vorgang vertaute Person, die Menge gehöre vielmehr zu den für das erste Quartal 2021 vereinbarten Lieferungen. Eine Erklärung für die unterschiedlichen Zeitpläne gab es zunächst nicht.

Einer der EU-Vertreter erklärte, die beiden Unternehmen hätten eine Nachlieferung der fehlenden Dosen bis Ende März zugesagt. Wie aus den europäischen Kreisen verlautete, hatte Pfizer sich verpflichtet, ab Anfang Jänner 3,5 Millionen Dosen pro Woche zu liefern. Nun sei in dieser Woche die Menge auf 4,8 Millionen Dosen gestiegen, sagte einer an den Verhandlungen beteiligter EU-Vertreter. In der kommenden und der ersten Märzwoche seien dann je fünf Millionen Dosen vorgesehen, hieß es in den EU-Kreisen weiter.

Moderna springt ein

Die Lücke sollen nun andere Impfstofflieferanten schließen. Laut einem am Mittwoch geschlossenen Vertrag soll Moderna noch heuer 150 Millionen Dosen liefern, für 2022 besteht eine Option auf weitere 150 Millionen Dosen. Kommissionschefin Ursula von der Leyen legte am Mittwoch zugleich einen Aktionsplan im Kampf gegen die gefürchteten Varianten des Coronavirus vor. Ziel ist, rasch angepasste Impfstoffe gegen die mutierten Viren zur Verfügung zu haben.

"Hera Incubator"

Der Plan namens "Hera Incubator"setzt an drei Stellen an: Entdeckung der mutierten Viren, schnelle Entwicklung und Zulassung von Impfstoffen und Ausbau der Impfstoffproduktion in der EU. "Neue Varianten des Virus entwickeln sich schnell, aber wir müssen in unserer Reaktion noch schneller sein", erklärte von der Leyen.

Die EU-Kommission hatte im vergangenen Jahr zunächst 160 Millionen Impfdosen bei Moderna geordert. Die jetzt nachbestellte Menge kommt hinzu. Der Vertrag wurde am Mittwoch vom Kollegium der Kommissare gebilligt. Nun haben die EU-Staaten einige Tage Zeit, mögliche Einwände zu erheben.

Der Moderna-Impfstoff ist eines von drei Vakzinen, die bereits in der EU zugelassen sind. Die Arzneimittelbehörde EMA gab am 6. Jänner grünes Licht. Seither wird er auch in Österreich verwendet. Es handelt sich wie beim Vakzin von Biontech/Pfizer um einen mRNA-Impfstoff. Beide haben eine Wirksamkeit von mehr als 90 Prozent.

Im Vergleich zum Impfstoff von Pfizer/Biontech gilt das Moderna-Mittel als etwas leichter handhabbar, da es nicht so stark gekühlt werden muss. Der Hersteller sitzt in Cambridge im US-Staat Massachusetts, produziert aber auch in der EU.

Kritik an EU-Einkaufsstrategie

Seit dem Start der Impfkampagne in der EU am 27. Dezember gibt es Kritik, dass zu wenig Impfstoff vorhanden sei. Mit der Nachbestellung wächst die Chance, dass sich die Lage schrittweise entspannt. Auch Moderna hatte allerdings zeitweilig Lieferengpässe angezeigt. Die für das erste Quartal avisierten 10 Millionen Dosen sollen dennoch bis Ende März ausgeliefert werden.

Modernas Mittel braucht zwei Impfdosen im Abstand von vier Wochen, um wirksam zu sein. In mRNA-Impfstoffen sind genetische Informationen des Erregers enthalten, aus denen der menschliche Körper ein Viruseiweiß herstellt. Ziel der Impfung ist es, den Körper zur Bildung von Antikörpern gegen dieses Protein anzuregen, um die Viren abzufangen, bevor sie in die Zellen eindringen und sich vermehren.

In der EU wurden unterdessen nach Angaben von der Leyens bisher 22 Millionen Menschen gegen das Coronavirus geimpft. Davon hätten 7 Millionen Menschen bereits ihre zweite Impfstoff-Dosis bekommen, sagte die deutsche Politikerin. Bisher seien rund 33 Millionen Dosen an die EU-Staaten ausgeliefert worden.