Die christdemokratische Malteserin Roberta Metsola ist die neue Präsidentin des EU-Parlaments. Die Europaabgeordneten in Straßburg wählten die 43-Jährige am Dienstag - ausgerechnet an ihrem Geburtstag - im ersten Wahlgang mit 458 von 616 abgegebenen gültigen Stimmen an ihre Spitze. Metsola ist die dritte Frau in dem prestigeträchtigen Amt und die jüngste Person überhaupt in der Geschichte des Parlaments. Sie folgt auf den vergangene Woche unerwartet gestorbenen italienischen Sozialdemokraten David Sassoli.

Sassolis Amtszeit wäre im Jänner regulär ausgelaufen. Metsola setzte sich am Dienstag, an ihrem Geburtstag, gegen Bewerber aus zwei anderen Fraktionen durch. Die Linke hatte die Spanierin Sira Rego ins Rennen geschickt, die Grünen die Schwedin Alice Bah Kuhnke. Die Sozialdemokraten und die Liberalen hatten keine eigenen Kandidaten aufgestellt und Metsola unterstützt. Im Gegenzug sollen sie aber unter anderem jeweils einen Vizepräsidenten mehr stellen als bisher, wie es aus Parlamentskreisen hieß.

Zwei "Vizes" aus Österreich

Die 14 Vizepräsidenten des EU-Parlaments wurden im Anschluss gewählt. Für dieses Amt kanditierten auch die österreichischen Abgeordneten Othmar Karas (ÖVP) und Evelyn Regner (SPÖ). Beide erhielten am Dienstag in Straßburg auf Anhieb im ersten Wahlgang die erforderliche absolute Mehrheit. Karas war bisher bereits einer der 14 Vizepräsidenten der EU-Volksvertretung. Der ÖVP-Abgeordnete erzielte mit 536 Stimmen die höchste Zustimmung, Regner kam auf 434 Stimmen. Othmar Karas wird nun auch 1. Vizepräsident des EU-Parlaments und damit unmittelbarer Nachfolger Metsolas.

"Es ist ein Zeichen der Wertschätzung und des Vertrauens, dass Karas vom Plenum des Europaparlaments bereits zum dritten Mal mit dieser verantwortungsvollen Position betraut wurde", gratulierte ÖVP-Delegationsleiterin Angelika Winzig. "Er ist ein erfahrener und verdienter Europapolitiker, der diese Aufgabe auch weiterhin mit viel Geschick meistern wird."

Aus der SPÖ gratulierten Parteichefin Pamela Rendi-Wagner und Europasprecher Jörg Leichtfried. "Evelyn Regner ist eine der profiliertesten und erfahrensten Europapolitiker*innen. Ihre Wahl zur Vizepräsidentin ist eine wichtige Bestätigung ihres starken Einsatzes für bessere Arbeitsbedingungen, faire Steuern und Chancengerechtigkeit zwischen Frauen und Männern", so Rendi-Wagner. Auch Leichtfried betonte Regners Einsatz für ein progressives und soziales Europa. Ihr beharrlicher Einsatz für Arbeitnehmerrechte und Steuergerechtigkeit sei "notwendiger denn je".

"Mit Othmar Karas und Evelyn Regner wurden zwei Präsidiumsmitglieder der Europäischen Bewegung Österreich (EBÖ) und ausgewiesene Mitstreiter für ein starkes gemeinsames Europa zu Vizepräsidenten des Europäischen Parlaments gewählt", zeigte sich auch Christoph Leitl, Präsident der Europäische Bewegung Österreich (EBÖ) erfreut. "Mögen die beiden das derzeit schwache Europa stärken", so Leitl.

Die jüngste Präsidentin

Die neue Präsidentin Metsola, die Europäisches Recht studiert hat, sitzt seit 2013 im EU-Parlament, seit November 2020 war sie dessen erste Vizepräsidentin. Einen Namen machte sie sich als Verfechterin des Rechtsstaats und als Kämpferin gegen Korruption. Sie ist mit einem Finnen verheiratet und hat vier Söhne. Sie fühle sich geehrt von der Verantwortung, die ihr anvertraut werde, sagte Metsola unmittelbar nach ihrer Wahl.

Dass die Europäische Volkspartei, der auch die ÖVP angehört, nun die Parlamentspräsidentin stellt, war Bestandteil eines komplexen Personalpakets nach der Europawahl 2019. Demnach war zunächst ein Sozialdemokrat – Sassoli – an der Reihe, nach zweieinhalb Jahren sollte ein Christdemokrat folgen. Der Präsident oder die Präsidentin des Europaparlaments leitet alle Tätigkeiten des Plenums, wahrt während der Sitzungen die Ordnung, erteilt Rednern das Wort und unterzeichnet Gesetze.