Heute beginnt in Bogotá der Prozess gegen hochrangige Mitglieder der ehemaligen kolumbianischen Farc-Guerilla (Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens). Kolumbien litt mehr als 50 Jahre unter einem bewaffneten Konflikt zwischen der Armee, linken Guerillagruppen und rechten Paramilitärs. Während des Bürgerkriegs kamen mehr als 200.000 Menschen ums Leben, Millionen wurden innerhalb Kolumbiens vertrieben. Den Angeklagten wird die Entführung von mehr als 21.000 Menschen vorgeworfen.

Acht  frühere Kommandanten der linken Guerillaorganisation Farc müssen sich heute vor der Sonderjustiz für den Frieden (JEP) in Kolumbiens Hauptstadt verantworten. "Menschen ihrer Freiheit zu berauben und Bedingungen für ihre Freilassung sowie ihr Wohlergehen, ihre Unversehrtheit und ihr Leben zu stellen, war ein Kriegsverbrechen, besonders das der Geiselnahme", hieß es in einer Mitteilung der JEP.

Zu den Angeklagten gehören der ehemalige Guerilla-Chef und heutige Chef der Farc-Partei Comunes, Rodrigo Londono alias "Timochenko", und weitere ranghohe Ex-Mitglieder der Farc. In dem Verfahren geht es um bis zu 8.500 Entführungen in den Jahren 1993 bis 2012.

Die Farc-Rebellen verschleppten über mehrere Jahrzehnte Tausende Menschen, um mit den Lösegeldern ihren bewaffneten Kampf gegen den Staat zu finanzieren. Eine der bekanntesten Geiseln war die damalige Präsidentschaftskandidatin der Grünen, Ingrid Betancourt. Sie befand sich sechs Jahre in Gewalt der Farc, bevor die Armee sie 2008 befreite. 2018 legte sie vor der Sonderjustiz Zeugnis über ihr Leiden ab.

Ingrid Betancourt: "Vergeben bedeutet nicht vergessen und auch nicht Straflosigkeit."
Ingrid Betancourt: "Vergeben bedeutet nicht vergessen und auch nicht Straflosigkeit." © AP

Ende 2016 legten die kolumbianische Regierung und die Guerilla-Organisation den jahrzehntelangen Bürgerkrieg mit 220.000 Toten und Millionen Vertriebenen mit einem Friedensvertrag bei. Darin wurde auch eine besondere Gerichtsbarkeit vereinbart. Für geständige Täter wurden Höchststrafen von maximal acht Jahren festgelegt. Auch wegen der relativ milden Strafen für die einstigen Farc-Größen ist das Friedensabkommen in Kolumbien äußerst umstritten gewesen.

Santos und Betancourt am Tag der Befreiung
Santos und Betancourt am Tag der Befreiung © APA/AFP/FILES/RODRIGO ARANGUA

Die kolumbianische Guerillaorganisation Farc hat sich mittlerweile umbenannt. Sie heißt nun, in eine Partei umgewandelt, Partido Comunes (etwa: Partei der Gemeinschaftlichkeit).  Mit der Umbenennung will sich die linksgerichtete Organisation von jenen ihrer Ex-Mitglieder distanzieren, die sich an dem Friedensabkommen von Ende 2016 nicht beteiligen wollten.

Die Abkürzung Farc stand während des jahrzehntelangen Guerillakampfes für Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia (Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens). Nach dem Friedensabkommen mit der kolumbianischen Regierung konstituierte sich die Bewegung dann neu als politische Partei und benannte sich in Fuerza Alternativa Revolucionaria del Común (etwa: Alternativ-Revolutionäre Kraft des Gemeinsinns) um - womit sie die Abkürzung Farc aber beibehielt. Durch die jetzige Umbenennung gehört auch diese Abkürzung der Geschichte an. Parteichef Rodrigo Londoño alias "Timochenko" räumte ein, dass das Kürzel Farc von vielen Menschen mit "Krieg" und "Schmerz" in Verbindung gebracht werde.

Die Farc war die älteste Guerillaorganisation Lateinamerikas und bekämpfte mehr als ein halbes Jahrhundert den kolumbianischen Staat sowie Großgrundbesitzer mit Waffengewalt.  Nach dem Friedensabkommen ließen sich dann etwa 7.000 FARC-Kämpfer entwaffnen. Hunderte andere Guerilleros widersetzten sich aber dem Abkommen und leben weiter im Untergrund.