Benjamin Bittschi, Experte für Löhne und Arbeitsmarkt beim Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo, zeichnet ein differenziertes Bild zu den Lohnforderungen der Gewerkschaften bei der gestern gestarteten Metaller-Lohnrunde: "Wenn man sich die Gewerkschaftsseite anschaut, dann hat sich herausgestellt, dass der Abschluss von 1,45 Prozent 2020 mit der Inflation, die jetzt außer Streit gestellt wurde, von 1,9 Prozent für die Beschäftigten eigentlich Reallohnverluste ergeben hat."

Diese "hohe inflationäre Dynamik" wird auch noch weiter anhalten, sagte er im "Ö1-Morgenjournal". Umgekehrt sei es auch so, dass auch die Arbeitgeber-Bedenken plausibel seien. Bittschi nennt dazu die Lieferkettenproblematik und eben die inflationäre Dynamik, die für die Betriebe bedeutet, dass die Rohstoffe teurer werden. "Das betrifft natürlich auch die Arbeitgeber", so der Wifo-Experte. Dazu komme, dass die Firmenvertreter berücksichtigen müssten, dass sie für alle Unternehmen verhandeln - und auch die Firmen mitnehmen müssten, die von der Coronapandemie schwerer betroffen waren und sind.

Welches Signal die Metaller in Richtung auf die leicht zeitversetzt startenden Verhandlungen zum Kollektivvertrag (KV) für den Handel senden? "Ich denke, das ist vorab jetzt schwer zu beurteilen, aber die grundsätzlichen Voraussetzungen sind durch die Inflation ähnlich, auch der Handel ist dadurch betroffen und müsste eigentlich sozusagen über dem abschließen, was es letztes Jahr war, es waren 1,5 Prozent im Handel. Auf der anderen Seite ist im Handel natürlich die Produktivität oder die wirtschaftliche Lage wahrscheinlich noch diverser wie in der Industrie und von dem her schließt der Handel oft unterhalb der Industrie oder eben den Metallern ab. Und ich denke, das werden wir auch dieses Jahr sehen", sagte Bittschi.

Die Gefahr einer drohenden Lohn-Preis-Spirale sieht er nicht direkt. "Denn das würde ja bedeuten, selbst wenn wir jetzt einen sehr hohen Lohnabschluss haben, dass die Unternehmen das weitergeben müssten, und die Metaller sind eine Industrie, die sehr stark im internationalen Wettbewerb steht, sie kann also diese Preise gar nicht eins zu eins weitergeben, denke ich", erklärte der Experte. Abgesehen davon sei die Metallindustrie eine sehr exportorientierte Branche, "das heißt, diese Preiserhöhungen würden, wenn dann eher sozusagen die Nachfrage im Ausland treffen".

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