"Schattenkanzler" ist das österreichische Wort des Jahres 2021. Dabei handelt es sich um einen ironischen Ausdruck, der nach dem Rücktritt von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) aufkam und unterstellt, dass er als ÖVP-Parteiobmann weiterhin die Politik der Regierung bestimmen wird und nicht sein Nachfolger als Bundeskanzler, Alexander Schallenberg (ÖVP).

Dass Sebastian Kurz just am Tag der Wahl des Wort des Jahres als "Schattenkanzler" zurücktritt, sieht der Initiator der "Wort-Wahl", Rudolf Muhr, als Ironie der Geschichte und ergänzt mit Augenzwinkern: "Dass "Schattenkanzler" zum Wort des Jahres gekürt wurde, gab Sebastian Kurz wahrscheinlich den Rest".

Muhr sieht den Begriff als künftiges Mahnmal und glaubt "nicht, dass eine derartige Schattenkanzler-Konstellation in der Politik noch einmal vorkommen wird. Das Wort ist nun eine stehende Redewendung und wird die Menschen daran erinnern", betont der Germanist gegenüber der Kleinen Zeitung.

Jedoch: Ein anderer "Kanzler", nämlich der "Schweigekanzler", wurde im Zuge der Wahl des österreichischen Wort des Jahres bereits zwei Mal gewählt. Premiere feierte der Begriff 2005. Damals wurde der Ausdruck in Bezug auf Wolfgang Schüssel als Gewinner gekürt. Comeback feierte das Wort im Jahr 2018 durch Sebastian Kurz. Der scheidende Kanzler prägte in seiner Polit-Ära somit gleich zwei "Kanzler-Begriffe".

Das Rennen um Platz eins fiel heuer denkbar knapp aus: Das Wort siegte im Voting mit nur zwölf Stimmen Vorsprung vor "3G".

11.843 abgegeben

Insgesamt wurden 11.843 Stimmen zur Wahl des rot-weiß-roten Wort des Jahres abgegeben. Diese wird von einer Fachjury unter Leitung von Rudolf Muhr von der "Gesellschaft für Österreichisches Deutsch" (GSÖD) in Kooperation mit der APA - Austria Presse Agentur organisiert. Auf den "Schattenkanzler" entfielen 2.104 Stimmen.

2.092 Stimmen gab es für "3G" auf Platz zwei - die Abkürzung für "genesen", "geimpft", "getestet". Dabei handelt es sich um eine wichtige Grundlage zur Bekämpfung der Corona-Pandemie, weil damit der Zugang zu öffentlichen und privaten Institutionen geregelt wird. Ex equo auf Platz zwei kam neben 3G auch der Ninja Pass, der als Impfnachweis für Kinder und Jugendliche verwendet wird. Auf Platz drei landete mit 898 Stimmen "Klimaticket".

"Querdenker" ist Unwort des Jahres

Zum österreichischen Unwort des Jahres wurde mit 2.361 von 11.111 abgegebenen Stimmen "Querdenker" gekürt. Dabei handelt es sich um eine ursprünglich positiv besetzte Bezeichnung für Personen, die unkonventionell denken. "Heute sind in dieser neuen Gruppe von Querdenkern jedoch überwiegend Coronaleugner, Impfverweigerer und Verschwörungstheoretiker zu finden", hieß es in der Jury-Mitteilung.

An eine "Reinigung" und Rückkehr zur ursprünglichen Bedeutung des Begriffs im Zuge der Wahl, glaubt Rudolf Muhr nicht: "Dieses Wort ist für immer kaputt". 

Auf Platz zwei mit 2.082 Stimmen landete "Erinnerungslücke". Eine "ironische Untertreibung" für den Umstand, dass sich Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) bei der Befragung im Ibiza-Untersuchungsausschuss 86 Mal nicht an Fakten erinnern konnte.

"Eli, es ist vorbei!"

Ebenfalls sehr knapp ging die Abstimmung zum Spruch des Jahres aus. 4.566 von 11.992 abgegebenen Stimmen hievten "Eli, es ist vorbei!" auf Rang eins in dieser Kategorie. Dabei handelt es sich um den Ausspruch von Ex-Neos Chef Mathias Strolz an Ministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP), die in der ORF-Sendung "Im Zentrum" Ex-Bundeskanzler Kurz nach dessen Rücktritt verteidigt hatte.

4.532 Stimmen - nur 34 weniger - votierten für "Sie fragen sich in diesen Stunden vielleicht: Was ist denn jetzt schon wieder passiert?" Dabei handelt es sich um eine Feststellung von Bundespräsident Alexander Van der Bellen in einer Fernsehansprache am 8. Oktober zur Regierungskrise.

Mit den Chatprotokollen hat auch der Unspruch des Jahres 2021 (4.532 von 11.791 abgegebenen Stimmen) zu tun. "Bitte. Kann ich ein Bundesland aufhetzen?" - eine Aussage von Ex-Kanzler Kurz 2017 in einem Chat mit dem einstigen Generalsekretär des Finanzministeriums Thomas Schmid. Es soll dabei darum gegangen sein, die geplante Milliarde für die Förderung der Kinderbetreuung durch die Regierung Kern/Mitterlehner zu verhindern.