Fatale Überschwemmungen in Deutschland, Hallein und anderen Teilen Österreichs: Rächt sich jetzt der achtlose Umgang mit unseren Böden?
SOPHIE ZECHMEISTER-BOLTENSTERN: Natürlich rächt sich das. Böden haben die Fähigkeit, Wasser aufzunehmen und zu speichern. Jede Bodenversiegelung verhindert das und steigert den Abfluss. Dadurch können in sehr kurzer Zeit sehr große Wassermengen zusammenkommen. Mit den sich häufenden Extremwetterlagen wird diese Gefahr größer. Dazu kommt, dass die Bodenversiegelung oft sehr nahe an den Flüssen geschehen ist. Das ist ungünstig, denn gleichzeitig wären das die wertvollsten Böden, die besonders in den letzten Jahrzehnten sukzessive verbaut worden sind.

Eine vermeidbare Entwicklung?
Österreich versiegelt viel mehr Böden als zum Beispiel die Schweiz oder auch Deutschland. Dort gibt es wesentlich wirkungsvollere Richtlinien.

Wie sehen die aus?
Es gibt bei unseren Nachbarn strengere Gesetze und Auflagen, wenn etwa Supermärkte gebaut werden sollen oder eine Besiedelung entwickelt wird. In Österreich ist das alles Länder- und Gemeindesache.

Wo müsste angesetzt werden, um die Lage zu verbessern?
Wir müssen dringend weniger Boden verbauen, damit das Wasser versickern und der Boden seine natürliche Klimawirkung entfalten kann. Dafür braucht es einerseits eine bessere Information der Verantwortlichen in den Gemeinden. Andererseits muss der Druck weggenommen werden, ständig neue Flächen für Supermärkte oder Gewerbegebiete zu genehmigen. Solche Investitionen auf der grünen Wiese sind viel ja billiger, wenn man nicht gezwungen wird, einen Parkplatz aufs Dach oder in eine Tiefgarage zu verlegen. So wird weiter in die Fläche gebaut, statt zu verdichten. Es müsste mehr Augenmerk darauf gelegt werden, Leerstände zu vermeiden und jene Flächen zu nutzen, die bereits bebaut sind.

In Hallein aber wurde gerade das Ortszentrum selbst überschwemmt.
Dort kam das Wasser durch ein steiles Seitental in den Ort. Grundsätzlich gilt aber: Wenn das Umland eines Ortes viele Flächen hat, wo Wasser versickern kann, ist auch der Ort selbst besser geschützt. Das betrifft uns immer mehr, denn durch den Klimawandel nehmen Häufigkeit und Ausmaß von Extremwetterereignissen zu. Plötzlich werden Orte beschädigt, die früher nicht so stark betroffen waren.

Sollte man auch die Ortskerne entsiegeln?
Das würde nicht allzu viel bringen. Wichtiger wäre es, die Flächen rundum in einem natürlichen Zustand zu halten. Wo das nicht genügt, muss ein technischer Hochwasserschutz installiert werden.

Nicht selten steht das Wasser auch auf unverbauten Flächen wie Feldern.
Die Wasserspeicherfähigkeit der Böden muss auch in der Bewirtschaftung erhalten bleiben, indem man sie schonender bearbeitet. Böden, die mit schweren Maschinen befahren werden, verdichten sich und nehmen weniger Wasser auf. Fruchtbare, tiefgründige Böden, die oft entlang von Flüssen liegen, sollten besonders geschützt werden. Das Wichtigste ist, dass der Boden bepflanzt ist.