Ein Viertel der AHS-Schüler durfte sich heuer bei der Mathe-Matura über ein "Sehr gut" freuen. Doch das sei nicht einem überdurchschnittlich begabten Jahrgang zuzuschreiben. Jedenfalls findet das der Mathematiker Gottfried Gurtner. Die Beispiele der diesjährigen Mathe-Matura waren für ihn und viele Kollegen "anspruchsarm". Für das Bildungsministerium spiegelt die heurige Matura "das Anforderungsniveau jedoch sehr passend wider". Daher haben Gurtner und 29 weitere Mathematiker einen offenen Brief an Bildungsminister Heinz Faßmann gerichtet. 

"Bei der heurigen Matura wurde an drei Schrauben gedreht: Die Aufgabenanzahl wurde gekürzt, die Schüler hatten eine Stunde mehr Arbeitszeit und die Aufgaben wurden leichter", sagt Gottfried Gurtner, Leiter der Arbeitsgemeinschaft Mathematik der AHS Oberösterreich den Oberösterreichischen Nachrichten. "Da ist es wenig verwunderlich, dass die Noten besser ausfallen." 

Betrachte man die Aufgabenstellungen genauer, werde ersichtlich, dass für das erfolgreiche Lösen von 15 der 40 Aufgaben Wissen aus der Unterstufe ausreichend sei, heißt es in dem Brief. "Entspricht das dem Anspruch einer Reifeprüfung?", fragen die Professoren.

Corona-Ausnahme?

Das Ministerium entgegnet: "Einzelne Aufgaben mit geringerem Anforderungsniveau und höherer Lösungsquote hat es immer gegeben." So sei etwa 2017 eine Aufgabenstellung von 99 Prozent der Schüler gelöst worden. 

Weiters wird in dem Schreiben die Art der Benotung kritisiert. Man brauch für eine positive Note nur noch elf von 36 Punkten: "Offensichtlich wird den Vorgaben der gültigen Verordnung wenig Beachtung geschenkt." 

Für die heurige von der Pandemie stark beeinflusste Reifeprüfung sei das Niveau noch hinnehmbar, allerdings warnen die Mathematiker davor, es nach der Corona-Krise nicht wieder anzuheben.