Zuletzt seien bei Bluttaten in Österreich deutlich mehr Schusswaffen in Verwendung gewesen als früher, das sei ein gefährlicher Trend, sagte Birgitt Haller vom Institut für Konfliktforschung im Ö1-Morgenjournal. Sie fordert Änderungen im Waffengesetz. 2021 wurden bereits elf Frauen von (Ex-)Partnern getötet. In drei Fällen mit insgesamt vier Todesopfern verwendeten die Täter Schusswaffen, geht aus einer APA-Zählung hervor.

Je mehr Menschen eine Schusswaffe besitzen, desto mehr Morde gebe es, verwies Haller im ORF auf eine Studie zu Beziehungsmorden, die sie schon vor zehn Jahren erstellt hat. Damals seien die Zahlen in Österreich viel niedriger als heute gewesen, anders als etwa in der von Größe und Einwohnerzahl her vergleichbaren Schweiz. "In der Schweiz gab es wesentlich mehr Beziehungsmorde vor zehn Jahren, was durchaus damit zusammenhängt, dass in der Schweiz jeder Staatsbürger seine Schusswaffe zu Hause hat, weil er ja jederzeit zu den Waffen gerufen werden kann. Das war ganz klar erkennbar, dass die höhere Mordrate damals im Vergleich zu Österreich mit dieser leichten Zugänglichkeit zu Schusswaffen zusammenhängt."

Konfliktforscherin Birgitt Haller
Konfliktforscherin Birgitt Haller © ORF

Der Schusswaffenverkauf in Österreich hat seit 2015 und dann noch einmal mit Beginn der Coronakrise zugelegt. "Das war Thema, dass alle möglichen Einrichtungen (während der Lockdowns, Anm.) geschlossen waren und ausgerechnet die Waffengeschäfte offen waren. Aber um einen Trend festzustellen, ist es eindeutig noch zu früh. Da braucht man mehr Informationen darüber", konnte die Forscherin die jüngste Entwicklung noch nicht beurteilen.

Drei schreckliche Taten mit Schusswaffen

Im Jänner erschoss ein 64-Jähriger in der Steiermark seine 61-jährige Ehefrau. Vergangene Woche starb in Wien eine 35-Jährige durch Schüsse, abgefeuert von ihrem Ex-Partner. Und erst diese Woche erschoss ein 51-Jähriger in Salzburg seine ehemalige Partnerin und deren Mutter. Bei den sieben anderen Fällen seit Jahresbeginn verwendeten die Täter in fünf Fällen Messer, in einem weiteren ein Maurerfäustel, eine Frau wurde niedergeschlagen, gewürgt und angezündet.

"Schusswaffen haben für den Täter - in Anführungszeichen - den 'Vorteil', dass er auf Distanz zum Opfer bleibt. Wenn jemand bei einem Mordversuch, bei einer Verletzung ein Messer verwendet, gibt es sofort eine körperliche Nähe zu der Person. Das ist offenkundig durchaus eine Hemmschwelle, über die man erst drüber kommen muss", analysierte Haller. Noch höher sei die Hemmschwelle beim Erwürgen. Solche Täter seien besonders gefährlich. Deshalb seien Versuche, die Partnerin zu erwürgen, "Hochrisiko-Indikatoren, weil das wirklich ein direkter körperlicher Angriff ist".

Blick in die Statistik

Generell gibt es bei der Anzahl der Morddelikte insgesamt immer wieder starke Schwankungen, ebenso im Verhältnis von weiblichen und männlichen Opfern. So werden für das Jahr 2010 in der Statistik des Innenministeriums insgesamt 49 als vollendete Morde klassifizierte Straftaten verzeichnet, mit 29 weiblichen und 22 männlichen Opfern (die Anzahl der Straftaten ist nicht in jedem Fall mit der Zahl der Opfer gleichzusetzen, Anm.). Im Jahr weist die BMI-Statistik 31 weibliche und 29 männliche Tote aus, gefolgt von 36 toten Mädchen und Frauen sowie 34 Männern und Buben im Jahr 2012.

Ein deutlichen weniger hohen Blutzoll sowie gleich viele männliche wie weibliche Mordopfer gab es mit jeweils 19 im Jahr 2014. Einen starken Anstieg dokumentiert die Statistik dann beispielsweise 2018, als 41 weibliche sowie 32 männliche Opfer verzeichnet werden. 2019 waren es 39 weibliche sowie 28 männliche Opfer. Im vergangenen Jahr gab es laut Innenministerium 31 Frauen- bzw. Mädchenmorde sowie 23 männliche Opfer.

Seit Anfang 2021 wurde nunmehr elf Frauen bei zehn Bluttaten von einem (Ex-)Partner das Leben genommen, im jüngsten Salzburger Fall musste die betagte Mutter mit der Tochter gemeinsam sterben. Weiters findet sich in der APA-Statistik ein älteres Ehepaar, dessen Todesumstände die Wiener Polizei als Mord und Suizid einstuft, wo vorläufigen Ermittlungsergebnisse zu den Umständen vorerst auf einen gemeinsamen Entschluss hindeuten; sowie eine 29-Jährige, die Ende März in Niederösterreich ihre vierjährige Tochter und sich selbst erschossen hat. In allen anderen Fällen waren die Täter männlich.