Im Landesgericht Wels hat am Dienstag unter enormen Medieninteresse aus dem In- und Ausland der Prozess gegen Prinz Ernst August von Hannover begonnen. Ihm wird vorgeworfen, sich mit Alkohol und Medikamenten fahrlässig in den Zustand der Zurechnungsunfähigkeit versetzt und in dieser Verfassung dann in Grünau bzw. in Scharnstein (Bezirk Gmunden) u.a. einen Polizisten verletzt, eine andere Beamtin sowie Angestellte bedroht zu haben. Der Welfenprinz bekannte sich nicht schuldig.

Dennoch meinte der 67-Jährige, der von seinen beiden Verteidigern Malte Berlin und Otto Dietrich sowie mehreren Mitarbeitern begleitet durch einen Seiteneingang in den Gerichtssaal kam: "Ich möchte mich für alles bei den Beteiligten entschuldigen, bedauere das Geschehene und bin bereit für die Schäden aufzukommen. Damit ist aus meiner Sicht alles gesagt." Der Welfenprinz kündigte an, von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch zu machen. Zu Beginn der Verhandlung hatte die Richterin festgehalten, dass sie ihn mit "Herr Hannover" anreden werde, weil "es in Österreich ein Adelsaufhebungsgesetz gibt". Damit zeigt sich Ernst August einverstanden, zumal er ankündigte, als Risikopatient den Gerichtssaal nach der Ausführung des psychiatrischen Gutachtens, das unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet, wieder zu verlassen.

Urteil fiel am Nachmittag

Prinz Ernst August von Hannover ist am Dienstag in Wels zu zehn Monaten bedingt verurteilt worden. Zudem wurden ihm mehrere Weisungen erteilt: So muss er sich einen anderen Wohnsitz suchen als am Anwesen Auerbach in Grünau, darf sich gewissen Gebäuden der dortigen Cumberland Stiftung nicht mehr nähern, keinen Kontakt zum Verwalterpaar dieser Gebäude aufnehmen, keinen Alkohol trinken und er muss eine Psychotherapie machen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Vor allem auf die Weisung, er müsse sich einen anderen Wohnsitz suchen, reagierte der Adelige wütend: "Unmöglich", meinte er, "ich lebe seit 50 Jahren dort." Seine Anwälte beruhigten ihn. Die Richterin betonte, dass die Weisungen dem 67-Jährigen helfen sollen.

Ernst August wurde im Sinne des Strafantrags der Staatsanwaltschaft Wels schuldig gesprochen, sich mit Alkohol und Medikamenten fahrlässig in den Zustand der Zurechnungsunfähigkeit versetzt und in dieser Verfassung dann in Grünau bzw. in Scharnstein (Bezirk Gmunden) u.a. einen Polizisten verletzt, eine andere Beamtin sowie Angestellte bedroht zu haben. Der Welfenprinz hatte sich nicht schuldig bekannt.

Als mildernd wurde die Unbescholtenheit gewertet, als erschwerend, dass es mehrere Opfer gab, mehrere Delikte und strafbare Handlungen während eines laufenden Ermittlungsverfahrens. Weder Anklage noch Verteidigung gaben dazu eine Erklärung ab.

Um diese Vorfälle ging es

In der Nacht auf den 15. Juli 2020 kam es zu einem Polizeieinsatz in seinem Jagdhaus in Grünau, bei dem er sich heftig gewehrt und einen Beamten verletzt haben soll. Zudem beleidigte er laut Staatsanwaltschaft massiv Beamte und drohte "mit der Hinrichtung ihrer Familien". Danach habe er einen Messerschleifer ergriffen, der ihm jedoch abgenommen werden konnte. Mit Handfesseln sei er schließlich abgeführt und in die psychiatrische Abteilung des Krankenhauses Vöcklabruck gebracht worden. Ernst August wiederum behauptete, dass er von Polizisten geschlagen worden sei. Seine Beschwerden gegen das vorläufige Waffenverbot und den Polizeieinsatz an sich sind beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich nach wie vor anhängig.

Zum nächsten Zwischenfall kam es am 20. Juli. Diesmal soll Ernst August eine Polizistin mit einem Baseballschläger gefährlich bedroht haben. Mit einem Taxi war der Welfenprinz zur Polizeiinspektion Scharnstein gekommen, um - nach den Vorfällen einige Tage zuvor - Anzeige wegen Polizeigewalt zu erstatten. Er traf aber niemanden an. Am Rückweg stieß er auf zwei Polizistinnen. Er habe die Beamtinnen aus dem Taxi heraus angesprochen und schließlich einer von ihnen verbal Gewalt angedroht - neben ihm lag ein Baseballschläger. So soll er laut Anklagebehörde gemeint haben, der Beamtin mit dem Schläger "eins über die Rübe" zu ziehen und ihr "die Fresse einzuschlagen".

Am 7. September um 3.00 Uhr kam es erneut zu einem Vorfall, der ebenfalls Eingang in den Akt fand: Der Prinz soll bei einem Haus, das der Stiftung seiner Familie gehört, ein Fenster mit einem Verkehrszeichen eingeschlagen und die darin wohnenden Angestellten bedroht haben. Laut Strafantrag habe er versucht, das Paar samt seiner Tochter zum Verlassen des Gebäudes zu nötigen. Wenn sie nicht "bis 9 Uhr verschwunden" seien, werde er einen "Schlägertrupp" schicken. Bei diesem Vorfall wurde er sogar festgenommen - und zwei Tage später gegen nicht näher genannte "gelindere Mittel" wieder enthaftet.

© FOTOKERSCHI.AT/WERNER KERSCHBAUM

Bevor die Verteidigung ihre Sicht der Ereignisse darstellte, erklärte sie vorweg: "Unser Mandant ist keine Person des öffentlichen Interesses, auch wenn der Boulevard das gerne so sehen möchte." Er bereue die Vorfälle und "entschuldigt sich bei allen, denen er Unrecht getan hat. Es sei ohne Absicht geschehen". Seit den Vorfällen habe sich Ernst August einer Behandlung unterzogen und sich "wohl verhalten". Im Sommer des Vorjahres habe er sich in einer "Ausnahmesituation" befunden, weil er "über Jahre isoliert und vom eigenen Sohn hintergangen wurde". Das Verhalten erklärten die Anwälte damit, dass er von seinem Zahnarzt starke Schmerzmittel erhalten habe. Weiter übten die Anwälte Kritik daran, dass Blut- und Harnproben nicht aufgehoben worden seien, denn die Richtigkeit der Werte zogen sie in "Zweifel".

Mehrere Zeugenaussagen

Am Vormittag war eine Reihe von Zeugen am Wort. Die zahlreichen Polizisten sowie die an einem Einsatz beteiligten Sanitäter bestätigten die Anklagevorwürfe. Jene Polizistin, die mit dem Baseballschläger bedroht worden sein soll, sagte, der Prinz habe gewirkt, "wie wenn jemand einen Rachefeldzug vorhat". Sie habe noch nie mit jemandem zu tun gehabt, "der mich so oft mit dem Tod bedroht hat". Zur Untermauerung seiner Drohungen habe der Adelige den Baseballschläger von einer Hand in die andere geschlagen, schilderten die Beamtin und ihre Kollegin.

Der Taxifahrer, der Ernst August an dem Tag chauffiert hatte, will hingegen nicht zugehört haben, worum es bei dem Gespräch ging. Auch sei der Schläger, den sein Fahrgast "als Gehstock" mitgehabt habe, immer am Boden gelegen. Richterin und Staatsanwältin wunderten sich über die "selektive Wahrnehmung" des Mannes - dass er einerseits beim Gespräch "auf Durchzug" geschaltet und in eine andere Richtung geblickt haben will und andererseits gesehen habe, wo der Baseballschläger war. Der Taxler blieb aber auch nach mehrmaligem Hinweis auf die Wahrheitspflicht fest bei seiner Aussage.

Im Fall einer Verurteilung drohen Ernst August bis zu fünf Jahre Haft. Richterin und Anklagebehörde haben sich gegen eine Diversion ausgesprochen. Ob am Dienstag bereits ein Urteil fällt, ist noch unklar.