Das politische Nervenspiel geht weiter. Die Freude der Grünen über ihren Erfolg, Bundeskanzler Kurz und sein Regierungsteam getrennt zu haben, war vermutlich von kurzer Dauer. Sofort mussten sie sich nicht nur mit einem mächtigen Klubobmann Kurz arrangieren, sondern ihn auch noch rechtfertigen. Dann präsentierte sich der untadelige neue Bundeskanzler in seinen ersten Wortmeldungen wiederholt als türkiser Verteidiger. Alexander Schallenberg hat wider Erwarten nur wenig diplomatisches Geschick bei seinen bisherigen Auftritten gezeigt. Dass der neue Regierungschef die Anordnung der Hausdurchsuchung, übergeben von Beate Meinl-Reisinger, rasch auf den Boden des Parlaments
entsorgte, lieferte das passende TV-Bild dazu.

Die Emotionen gehen aber nicht nur zwischen Regierung und Opposition hoch, auch in der Koalition ist die gegenseitige Abneigung gewachsen. Dennoch gäbe es einigen Kitt für diese Regierung: Beschluss des Budgets inklusive Finanzierung des Klimatickets, Umsetzung der bereits angekündigten Steuerreform, die Bekämpfung der Pandemie über die Wintermonate, die erforderliche Novelle des Sterbehilfegesetzes bis Jahresende, eine dringende Pflegereform, Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel oder – zentral für die Zurückgewinnung des Vertrauens der Bevölkerung – ein ernsthaftes Bemühen um Transparenz bei der Parteienfinanzierung, den Ausgaben der öffentlichen Hand und der Medienförderung.