Seit Beginn der Pandemie stellen sich viele Fragen dazu, wie Kinder gesundheitlich von der aktuellen Situation betroffen sind. Wie häufig zeigen Kinder mit einer Coronavirusinfektion Symptome? Gibt es „Long Covid“ bei Kindern? Wie belastet sind Eltern und Kinder durch eine kindliche Coronavirusinfektion? Eine groß angelegt Studie soll diesen und weiteren Fragen nachgehen. Seit Frühjahr 2021 wird die Erhebung in Zusammenarbeit der AGES mit der Med Uni Graz und der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ) durchgeführt. Zwischenergebnisse stehen nun fest.

Mildere Verläufe

Das Ergebnis: Kinder sind anders als Erwachsene. Infizieren sich Kinder mit dem Virus gib es einige Unterschiede zu Erwachsenen. Das unterstreicht auch Reinhold Kerbl von der ÖGKJ: „Der größte Unterschied ist, dass Kinder im Normalfall sehr viel milder erkranken als Erwachsene. Das hängt wahrscheinlich mit den ACE-Rezeptoren zusammen.“ Diese Rezeptoren stellen eine Eintrittspforte für das Coronavirus im menschlichen Körper dar. Kinder besitzen weniger ACE-Rezeptoren in Lunge und Rachen als Erwachsene.



Das schlägt sich auch in den Spitälern nieder: „In den letzten Wochen und Monaten hatten wir nur sehr wenig schwer an Covid-19 erkrankte Kinder im Krankenhaus“, so Kerbl. Aktuell ändert sich die Situation allerdings wieder: „Bei diesen hohen Inzidenzen infizieren sich natürlich auch wieder mehr Kinder, was dazu führt, dass auch häufiger schwere Verläufe bei diesen vorkommen.“ Insgesamt gab es nur wenige Todesfälle in Folge einer Covid-Infektion bei Kindern: bisher sind es österreichweit sieben. „Dabei handelte es sich aber ausschließlich um Kinder mit schweren Vorerkrankungen wie enormem Übergewicht“, so Kerbl. Im Schnitt landet eines von 300 bis 500 infizierten Kindern im Krankenhaus, etwa eines von 1000 Kindern erkrankt schwer.

Die bisherigen Studienergebnisse im Detail

Die Zwischenauswertung von 755 Kindern im Alter von 0 bis 14 Jahren zeigt, dass bei 25 Prozent der Fälle Beschwerden der Grund für eine PCR-Testung auf SARS-CoV-2 waren. „Im Verlauf der Infektion entwickelten 60 Prozent der SARS-CoV-2 positiv getesteten Kinder klinische Symptome einer akuten COVID-19 Erkrankung. Knapp 7 Prozent wurden bei einem Arzt oder einer Ärztin vorstellig“, berichtet Daniela Schmid, Infektionsepidemiologin und Studienkoordinatorin der AGES.



Die Ein- bis Fünf-Jährigen wurden häufiger stationär aufgenommen als Sechs- bis 14-jährigen Kinder. „Dies muss nicht unbedingt bedeuten, dass die Erkrankung in dieser Altersgruppe häufiger schwer verläuft, da kleine Kinder häufig auch zur Beobachtung aufgenommen werden oder um andere Diagnosen wie eine bakterielle Sepsis (Anm.: Blutvergiftung) auszuschließen“, berichtet Volker Strenger von der Med Uni Graz aus dem klinischen Alltag. Jene Kinder, die jünger als ein Jahr alt waren, zeigten meist milde Atemwegssymptomen (Husten und Schnupfen) und Fieber, die Ein bis Fünf-Jährigen hauptsächlich Fieber und bei den die Zehn- bis 14-Jährigen traten deutlich häufiger Kopfschmerzen sowie eine Beeinträchtigung von Geruchs- und Geschmackssinn auf als bei jüngeren Kindern. Kurzatmigkeit wurde bei einem von 20 Kindern beobachtet.

Pims

Eine weitere Besonderheit bei an Covid erkrankten Kindern ist Pims. „Diese Überreaktion des Immunsystems ist eine wirklich schwere Erkrankung, bei der es Kindern auch schlecht geht. Sie bekommen sehr hohes Fieber und viele Organe können betroffen sein“, so Kerbl. Die gute Nachricht: „Wenn man Pims rasch richtig diagnostiziert, kann man diese Erkrankung auch sehr gut behandeln.“


Aber auch wenn die Krankheit milde verläuft: Wie sieht es mit Langzeitfolgen aus? Länger als vier Wochen nach der Infektion wurden bei 11 Prozent der Kinder Symptome beobachtet, welche als Folge der Infektion interpretiert werden können, wobei ältere Kinder mit 15,5 Prozent häufiger als jüngere Kinder betroffen waren. Als häufigstes „Long Covid“- Symptom wurde vermehrte Müdigkeit beobachtet, gefolgt von der Beeinträchtigung von Geruchs- und Geschmackssinns und Kurzatmigkeit.

Frage der Ursache

Bei unspezifischen Symptomen wie Müdigkeit und Konzentrationsschwäche kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass andere Ursachen als die Infektion zugrunde gelegen sind, wie zum Beispiel die lange Isolation infolge von Lockdown und Schulschließungen. Für 63 Prozent der befragten Eltern bzw. Erziehungsberechtigten wurde die Schließung von Schulen und Betreuungseinrichtungen als belastender empfunden als die Infektion des Kindes.

Doch sprechen all diese Erkenntnisse nun eher für oder gegen eine Impfung bei Kindern? „Insbesondere auch aufgrund der aktuellen Hochinzidenz empfehlen wir eine Impfung auch bei Kindern. Hätten wir fast keine Coronafälle, wäre es möglicherweise anders. Aber wir haben eben derzeit sehr viele Ansteckungen in diesem Alter und die Impfung ist gut verträglich, ernsthafte Nebenwirkungen sind extrem selten. Somit spricht die Nutzen-Risiko-Abwägung in dieser Situation für eine Impfung“, sagt Kerbl.