Die Coronazahlen sind im Steigen begriffen und betroffen ist vor allem die junge Altersgruppe. Denn jede fünfte Neuinfektion betrifft mittlerweile Sechs- bis 14-Jährige. Das zeigt die aktuelle Auswertung der AGES. Demnach waren von den insgesamt 12.668 zwischen 27. September und 3. Oktober behördlich bestätigten Infektionen 2530 (20 Prozent) dieser Altersgruppe zurechenbar.

Schwere Verläufe

Aber wie gefährlich ist die Erkrankung für Kinder? Diese Frage war auch Thema der ÖGP-Jahrestagung "Pneumology reloaded - Lunge voraus". Laut den Experten könne festgehalten werden, dass die akute Corona-Erkrankung für Kinder ohne Grunderkrankung in der Regel nicht sehr bedrohlich ist. "Das gilt nicht für Kinder mit Vorerkrankungen", erklärte ÖGP-Präsident Ernst Ebner. Dabei sind vor allem neuromuskuläre Erkrankungen ein Risiko. "Sehr, sehr selten" könnten Kinder auch am Coronavirus sterben, auch künstliche Beatmung ist immer wieder notwendig, warnte der Mediziner.

Das Risiko, wegen einer Covid-Infektion ins Krankenhaus zu müssen, unterscheidet sich auch zwischen den Altersgruppen, wie Berit Lange, Leiterin der Klinischen Epidemiologie Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (Braunschweig) erklärt: „Die Gefahr, dass jemand, der SARS-CoV-2 infiziert ist, ins Krankenhaus muss, ist für die Null- bis Vierjährigen mit zwei bis vier Prozent höher als für die etwas älteren Kinder.“ Mit zunehmendem Alter der Kinder sinkt das Risiko. So liegt es bei den 14- bis 15-Jährigen bei etwa 0,5 Prozent. Danach steigt das Risiko wieder an.

Auch wenn das Risiko für einen schweren Verlauf bei den meisten Kindern gering ist, ist die Gefahr sich anzustecken groß, erklärt Kinderinfektiologe Volker Strenger. Solange es keine Impfung für Unter-Zwölf-Jährige gibt, geht der Mediziner davon aus, dass jedes Kind eine Infektion durchlaufen wird: "Früher oder später wird jeder die Infektion bekommen. Natürlich gehört das Nebenwirkungsprofil noch untersucht, aber im Grunde halte ich eine Impfung für Kinder sinnvoll."

Pims

Neben den akuten Infektionen gilt es auch ein Augenmerk auf das Hyperinflammationssyndrom mit Multiorganbeteiligung (Pims) zu richten. Laut österreichischen Daten trat Pims bei rund einem von 1000 infizierten Kindern und Jugendlichen drei bis sechs Wochen nach einer SARS-CoV-2-Infektion ein. Bei Pims kommt es einige Wochen nach einer Covid-19-Infektion zu einer überschießenden Immunreaktion im Körper des jungen Menschen. Ganz geklärt sind die Hintergründe noch nicht.

Was bisher klar ist, ist, dass der Körper auf die ursprüngliche Infektion reagiert. Zum Beispiel werden Antikörper gebildet. Strenger erklärt: „Immunität ist eine komplexe Sache. Die Erreger werden bekämpft. Es gibt verschiedene Faktoren, die das abschwächen und verstärken. Wenn im Verlauf dieses Prozesses das Gleichgewicht verloren geht, kann es zu einer überschießenden Reaktion des Immunsystems kommen.“ Unbehandelt kann das Schaden im ganzen Körper anrichten. „Dieses Phänomen ist allerdings wesentlich seltener, als es schwere Covid-19-Verläufe bei Erwachsenen sind“, so der Experte.

Das Kardinalsymptom ist hohes Fieber. Außerdem sind im Blut erhöhte Entzündungsmarker zu sehen. Auch Bauchschmerzen, allgemeines Unwohlsein sowie Kopf- und Gliederschmerzen kommen häufig vor. „Von Pims spricht man allerdings erst, wenn mindestens zwei Organe betroffen sind“, so Strenger. Durch frühe Diagnose und Behandlung kann das häufig vermieden werden.

Long Covid

Nicht zu verwechseln ist Pims mit Long Covid. Auch dieses Phänomen kann bei Kindern nach einer Corona-Erkrankung auftreten. „Long Covid kommt bei Kindern vor, wenn auch nicht häufig“, sagt Strenger. Trifft man Aussagen über dieses Krankheitsbild, sei dem Experten zufolge aber unbedingt darauf zu achten, wie breit gestreut die Definition von Long Covid ist: „Diese besagt im Prinzip nur, dass von diesem Krankheitsbild zu sprechen ist, wenn nach mehr als vier Wochen nach einer Infektion noch Symptome bestehen.“ Diese Symptome könnten unterschiedlicher nicht sein – so auch bei Kindern. Sie reichen von Geschmacksverlust bis hin zum Fatigue-Syndrom.

Die Symptome unterscheiden sich auch nach Altersgruppen. Während Volksschulkinder häufig über Halsschmerzen klagen, sind diese bei älteren Kindern eher selten zu beobachten. Ganz kleine Kinder scheinen von Long Covid eher weniger betroffen: „Hier muss man aber bedenken, dass diese Kinder ihre Beschwerden aber auch weniger leicht artikulieren können.“ Müdigkeitserscheinungen bis hin zum Fatigue-Syndrom sind eher seltener und betreffen meist größere Kinder – die jüngsten, die Strenger mit diesem Syndrom kennt, waren zehn Jahre alt.

Psychische Belastung

Auch wenn durch das Virus gewissen Gefahren für Kinder gegeben sind, sehen die meisten Expertinnen und Experten Schulschließungen nicht als richtige Lösung an. Pädiater Jörg Dötsch sagte dazu: „Die psychiatrischen Diagnosen bei Kindern haben sich verdoppelt. Allein diese Zahlen schließen Schulschließungen aus. Auch die Bildung der Kinder wurde vernachlässigt. Schulschließungen dürfen daher nicht noch einmal ein Thema sein.“

Denn die psychische Belastung der Kinder durch Isolation sei für die Jüngsten die größere Gefahr als eine mögliche Infektion. „Bevor die Schulen geschlossen werden, müssen wir alle anderen Bereiche zusperren. Wir Erwachsenen haben die Verantwortung. Wir sind diejenigen, die die Kinder schützen müssen und nicht umgekehrt“, so Dötsch.