Sorgen vor Nebenwirkungen von Impfungen gibt es, seit Vakzine verabreicht werden. Doch noch nie waren die Ängste so groß wie heute. Die Frage, ob Gürtelrose eine Folge der Impfung sein könnte, tauchte Ende Mai auf. Da wurde bekannt, dass in der Schweiz einige Fälle von Gürtelrose zeitnah zur Impfung gemeldet wurden. Konkret handelte es sich um 121 gemeldete Fälle nach 3,1 Millionen Impfungen – zwei Drittel davon bei Frauen. Auch aus Israel gab es einige vereinzelte Meldungen von Gürtelrose nach der Impfung. Eines hatten all diese gemeinsam: Die Betroffenen litten an einer rheumatischen Autoimmunerkrankung. Auch fortgeschrittenes Alter und extremer Stress könnten mit eine Rolle spielen.

Infektion und Stress als Auslöser

Aber kann ein Zusammenhang zwischen Vakzinen und der schmerzhaften Erkrankung bestehen? Bei Gürtelrose handelt es sich um eine Reaktivierung der Varizellen (auch Schafblattern oder Windpocken genannt). Ist man im Laufe seines Lebens an Schafblattern erkrankt, trägt man das Virus in sich und es kann in Form von Gürtelrose wieder ausbrechen. Jemand, der nie Schafblattern hatte, kann also auch keine Gürtelrose bekommen. Ausbrechen kann die Erkrankung dann, wenn das Immunsystem gerade geschwächt ist – wie etwa durch eine Infektion oder durch starken Stress.

Bernd Lamprecht, Vorstand der Klinik für Lungenheilkunde am Kepler Universitätsklinikum erklärt: „Man kann sich das so vorstellen: Jeder Eingriff in das Immunsystem kann eine Irritation hervorrufen. Diese Impfung kann nicht die Coronavirus-Erkrankung auslösen, aber natürlich wird das Immunsystem ein bisschen herausgefordert.“ Grundsätzlich bleibt es dennoch sehr unwahrscheinlich, dass dadurch Gürtelrose ausgelöst wird. Liegt bereits eine Immunschwäche vor, ist es aber theoretisch möglich. Um die Wahrscheinlichkeit zu verringern, empfehlen Expertinnen und Experten die körperliche Schonung nach der Impfung ernst zu nehmen.

Gefahr bei Infektion größer

Zu beachten gilt es allerdings: „Das heißt auch, dass die Gürtelrose selbstverständlich auch bei der echten Coronavirusinfektion ausgelöst werden kann – dann mit einer noch höheren Wahrscheinlichkeit, weil das Immunsystem stärker belastet wird. Und zusätzlich hat man hierbei auch noch das Risiko, krank zu werden. Insgesamt muss man sagen, dass das Auftreten von Gürtelrose in beiden Fällen möglich sein kann – bei der Infektion und bei der Impfung. Das geringere Gesamtrisiko hat man aber zweifellos bei der Impfung“, so Lamprecht.