Nachdem sich die Ärztekammer zu Wochenstart klar für ein heterologes Impfschema ausgesprochen hatte, gab das Nationale Impfgremium (NIG) am Montag eine Neuerung bekannt: Sogenannt Kreuzimpfungen sollen nun auch in Österreich möglich sein, wenn Patientin oder Patient den Wunsch äußern.

Zwei Impfstoffe, ein Ziel 

Bei einem heterologen Impfschema werden zwei Impfstofftypen kombiniert – beispielsweise ein Vektorimpfstoff wie jener von AstraZeneca mit einem mRNA-Impfstoff wie dem von Biontech/Pfizer. Die Vakzine werden nicht gleichzeitig geimpft. Man erhält die erste Teilimpfung mit dem einen und die zweite Teilimpfung mit dem anderen Impfstoff. Im Falle der Coronaimpfung wird vermutet, dass dadurch die Schutzwirkung erhöht werden könnte.

Studien rund um die Frage der erhöhten Schutzwirkung bei Kreuzwirkungen laufen gerade. Endgültige Ergebnisse bleiben noch abzuwarten, erste Zwischenberichte liegen allerdings bereits vor. „Um eine sichere Aussage treffen zu können, fehlen noch Daten“, sagt Markus Zeitlinger, Vorstand der Universitätsklinik für klinische Pharmakologie der MedUni Wien. „Die beste Studie bisher ist wahrscheinlich jene aus England, weil diese randomisiert kontrolliert durchgeführt wurde.“ Dabei handelt es sich um die Com-Cov“-Studie aus Oxford.

Antikörper und T-Zellen

Zu unterscheiden seien dabei die beiden Arten der Immunität, die im Falle einer Impfung ausgebildet werden: die zelluläre Immunität und die Antikörper. „Aus der Erhebung zeigt sich, dass die zelluläre Immunität immer besser ausgeprägt ist, wenn zuerst AstraZeneca geimpft wurde – das gilt sowohl dann, wenn beide Impfungen mit diesem Impfstoff durchgeführt wurden, wie auch für Kombinationsimpfungen“, so Zeitlinger. Blickt man hingegen auf die ausgebildeten Antikörper, so liegt die zweimalige Impfung mit Biontech/Pfizer vorne.


„Ob es besser ist, den Impfstoff zu wechseln, kann man also aktuell noch nicht sagen“, so der Experte. Sinnvoll sei ein Impfstoffwechsel dann, wenn es bei der ersten Impfung zu ungewöhnlich starken Nebenwirkungen gekommen ist. „Auch wenn der ausdrückliche Wunsch eines Betroffenen besteht, kann man darauf zurückgreifen. Um das Kreuzimpfen breit zu empfehlen, mangelt es aber noch an Evidenz.“ Dafür brauche es vor allem größer angelegte Studien mit mehr Teilnehmerinnen und Teilnehmern.

Umsetzung nun möglich 

Auch wenn in Österreich Kreuzimpfungen nun möglich sind, wird vonseiten des NIG auch darauf hingewiesen, dass es sich dabei nach wie vor um eine Off-Label-Anwendung – ein Gebrauch, der nicht der offiziellen Zulassung entspricht – handelt. Virologin Dorothee von Laer meinte dazu im Gespräch mit der Kleinen Zeitung: „In einigen Ländern wie Deutschland wird dieses Schema auch schon off-label eingesetzt. Wobei mir wichtig ist zu betonen, dass ,off-label’ nicht gefährlich bedeutet. In diesen Ländern gab es keine auffälligen Ereignisse, die auf dieses Schema zurückzuführen sind. Wenn es der Impfling wünscht, ist die Kreuzimpfung möglich und gut.“ Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) bestätigte die Entwicklung im Ö1-Morgenjournal: „Off-Label ist das Impfen mit einer Wirkstoff-Kombination natürlich möglich. Es verdichten sich die Hinweise, dass es eine gute Idee ist.“


Wer in Zukunft auf eine Kreuzimpfung setzen möchte, muss allerdings auch mit stärkeren Impfreaktionen rechnen: „Diese treten der englischen Studie zufolge häufig auf“, so Zeitlinger. So etwa Müdigkeit, Fieber und Kopfschmerzen. „Das Wichtigste bleibt derzeit, dass man die zweite Impfung unbedingt wahrnimmt. Denn hier es liegen schon viele Daten vor, dass das ausschlaggebend für die Schutzwirkung ist – auch im Hinblick auf Delta.“