Viren mutieren, das liegt in ihrer Natur. Wenn Viren aber auf einmal mehrere neue Mutationen aufweisen, dann spricht man von einer Variante. Und eine solche „variant of concern“ ist die sogenannte P.1-Variante des Sars-CoV-2-Virus. Besser bekannt ist als die „brasilianische“ Variante.

Nicht zu verwechseln ist P.1 mit der Variante P.2, ebenfalls eine „brasilianische“, die am Montag erstmals in Österreich nachgewiesen wurde. P.2 ist unabhängig von P.1 entstanden, sie gilt gemeinhin als weniger ansteckend als P.1, da ihr bestimmte Mutationen fehlen. Daher wird P.2 nicht als „variant of concern“, sondern nur als „variant of interest“ eingestuft. Wie P.1 weist P.2 aber die Mutation E484K auf, welche die Immunantwort abschwächen und damit unter Umständen manche Impfstoffe weniger wirksam machen könnte.

P.1 ansteckender als der Wildtyp

P.1 hingegen gilt als ansteckender als der ursprüngliche Wildtyp des Sars-CoV-2-Virus, eben weil sie eine besondere Mutation aufweist, welche eine höhere Infektiosität zur Folge hat: N501Y. P.1 hat diese sowie zwei weitere Mutationen mit der „südafrikanischen“ (B.1.351) gemeinsam. Ähnlichkeiten weisen diese beiden Varianten auch mit der „britischen“ B.1.1.7-Variante auf. „Dennoch sind alle drei Varianten unabhängig voneinander entstanden“, erklärt Andreas Bergthaler, Virologe am Forschungszentrum für Molekulare Medizin (CeMM) der Akademie der Wissenschaften (ÖAW). „Die Frage ist, wieso sind diese Varianten entstanden? Das versuchen wir und andere Forscher gerade intensiv zu untersuchen, auch im Hinblick auf das Auftreten eventuelle weiterer Varianten.“

Entstanden dürfte P.1 im November 2020 in Manaus sein. Im Frühjahr 2020 verbreitete sich Covid-19 rasend schnell in der Stadt im Nordwesten Brasiliens. Nachdem die Sterbefälle außergewöhnlich schnell zurückgegangen waren, war die Rede der erlangten Herdenimmunität, wie auch die Tropenmedizinerin Ester Sabino in der Fachpublikation „The Lancet“ schreibt. Doch trotz des ersten starken Ausbruchs im Frühjahr 2020 breitete sich in Manaus Anfang 2021 eine weitere Welle aus. In europäischen Medien las man vor allem davon, dass den Spitälern der Sauerstoff ausging.

Beeinflusst P.1 auch den Krankheitsverlauf?

Für diese weitere Ausbreitung gebe es unterschiedliche Erklärungsversuche, sagt Bergthaler: „Eine aktuelle Untersuchung von brasilianischen und englischen Forschern geht jedoch davon aus, dass eher die Immunität gegen das ursprüngliche Virus nicht ausreichend Schutz für P.1 liefert und damit Reinfektionen ermöglicht.“ Was noch nicht endgültig wissenschaftlich geklärt ist, ist die Frage nach einem veränderten Krankheitsverlauf. Etwa: Löst P.1 häufiger schwere Verläufe aus? „Hier braucht es mehr Daten und klinische Studien“, sagt Bergthaler.

In Österreich gibt es aktuell keinen nachgewiesenen Fall von P.1, einige Verdachtsfälle werden aktuell untersucht. „Tritt sie auf, sollte auch diese Variante so schnell wie möglich eingedämmt werden“, sagt Bergthaler und zieht einen Vergleich mit den Maßnahmen gegen die Verbreitung der südafrikanischen Variante in Tirol. „Je weniger Fallzahlen, desto weniger Mutationen können sich entwickeln.“

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