Viele Fragen zum Thema Impfung gegen Covid-19 haben die Redaktion der Kleinen Zeitung erreicht, eine wiederkehrende: Können Menschen, die an einer Autoimmunerkrankung wie zum Beispiel einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung oder Rheuma leiden, eine Covid-19-Impfung bekommen?

„Prinzipiell haben viele Patienten, die an einer Autoimmunerkrankung leiden Angst davor, dass ihre Erkrankung durch eine Impfung schlimmer werden könnte“, weiß Martin Stradner von der Klinischen Abteilung für Rheumatologie und Immunologie an der Med Uni Graz. Doch Studien zu Impfungen bei Autoimmunerkrankten haben gezeigt: Diese Angst ist unberechtigt, eine Impfung verschlechtert eine Autoimmunerkrankung nicht.

Patienten gehören zur Risikogruppe

Für die neuen Covid-19-Impfstoffe fehlen solche Daten allerdings, denn diese Patienten waren in die Zulassungsstudien nicht eingeschlossen. „Wir können also nur Rückschlüsse von anderen Impfungen ziehen“, sagt Stradner – und daraus leitet der Experte ab, dass auch diese Impfstoffe nicht dazu führen werden, dass eine bestehende Autoimmunerkrankung „schlimmer“ wird. „Auch alle großen medizinischen Fachgesellschaften, zum Beispiel jene für Rheumatologie, empfehlen, dass sich Betroffene gegen Covid-19 impfen lassen“, sagt Stradner. In der Stellungnahme der Fachgesellschaft für Rheumatologie heißt es: „Von einem erhöhten Risiko für unerwünschte Nebenwirkungen der Impfung bei Rheuma-Patienten ist nach aktuellem Wissensstand nicht auszugehen.“

Gleichzeitig gehören Menschen mit Autoimmunerkrankungen, die eine immunsuppressive Therapie (Medikamente, die das eigene Immunsystem unterdrücken oder modulieren) einnehmen zur Hochrisikogruppe für eine schwere Covid-19-Erkrankung. „Durch diese Therapien ist das Immunsystem geschwächt und die Gefahr eines schweren Verlaufs ist größer“, sagt Stradner – daher gehört diese Patientengruppe auch zur Prioritätengruppe 2 und sollten schnellstmöglich eine Impfung erhalten.

Schlechtere Wirksamkeit

Unerwünschte Nebenwirkungen sind eine Sache – eine reduzierte Wirksamkeit der Impfung jedoch eine andere. Und genau dazu kann es kommen, wenn Menschen mit Autoimmunerkrankungen eine Therapie einnehmen, die das Immunsystem beeinflusst. „Nehme ich eine immunsuppressive Therapie, wie zum Beispiel Cortison, besteht die Gefahr, dass die Impfung nicht so gut wirkt“, sagt Stradner – trotzdem überwiegt die Chance, durch die Impfung geschützt zu sein, im Vergleich mit dem geringen Risiko für Impf-Nebenwirkungen. Und so wird die Covid-19-Impfung auch bei bestehender immunsuppressiver Therapie empfohlen, so der Experte.

Martin Stradner, Immunologe
Martin Stradner, Immunologe © Med Uni Graz

Eine weitere Frage, die sich Patienten stellen: Soll ich meine immunsuppressive Therapie abbrechen, um mich impfen lassen zu können? „Nein“, ist die klare Antwort von Stradner – für eine immunsuppressive Therapie gibt es immer einen triftigen Grund, daher sollten Medikamente keinesfalls selbstständig abgesetzt werden.

Rücksprache mit Facharzt

Generell rät der Experte: „Wenn es Unklarheiten gibt, sollte man diese am besten mit seinem behandelnden Arzt besprechen.“ Auch müsse man beim Schweregrad der Autoimmunerkrankung unterscheiden: So ist ein Hashimoto-Thyreoiditis (eine chronische Autoimmunerkrankung der Schilddrüse) sicher kein Grund, sich nicht impfen zu lassen. Bei komplizierten oder seltenen Autoimmunerkrankungen kann die Rücksprache mit dem Facharzt sinnvoll sein.