Von der klassischen Chanel Flap Bag bis hin zur Hermès Limited Edition – Luxusartikel lösen bei so manchem Modeliebhaber ein Glitzern in den Augen aus. Was oft nicht nach viel aussieht, entsteht meist in stundenlanger Handarbeit, und hat seinen Preis. 6000 Euro aufwärts  lassen Kunden für eine neue Chanel-Tasche liegen. Der Trend hin zur Mode aus zweiter Hand hat sich allerdings nicht nur im unteren Preissegment etabliert, auch der Handel mit Second-Hand-Luxusgütern auf Webseiten wie Vestiaire Collective und Sellpy boomt. „Solche Taschen aus zweiter Hand zu kaufen, ist nicht nur ein Investment, sondern für viele auch mit Leidenschaft verbunden. Mir geht selbst das Herz auf, wenn ich neue Second-Hand-Taschen für meinen Shop kaufe“, erzählt Kamila Linhart. Die 37-Jährige betreibt seit vergangenem Jahr den Online-Shop "kamiempire", wo die Mutter einer kleinen Tochter Luxustaschen aus zweiter Hand verkauft.

Ihre Taschen ersteigert Linhart unter anderem auf Auktionen in Paris, inzwischen erhält die Mode-affine Wienerin auch Anfragen zum Ankauf per Mail. "Leider finden diese Auktionen aufgrund der Krise derzeit nur online statt, ich freue mich aber schon, nach Corona live vor Ort zu sein", so Linhart. Warum immer mehr Menschen in Luxusgüter investieren, kann die 37-Jährige leicht erklären. "Qualität vor Quantität gewinnt in der Modewelt immer mehr an Bedeutung. Viele kaufen sich lieber ein paar schöne Teile, die langlebig sind, als auf Fast Fashion der großen Modehäuser zu setzen. Zudem gewinnen diese Taschen über die Jahre an Wert, da sich die Preise im Luxussegment stetig erhöhen." Ersteht man eine Chanel-Tasche zweiter Hand um 1500 Euro, kann sie bei guter Pflege nach wenigen Jahren um 2500 Euro verkauft werden, erklärt Linhart. Zudem blieben bereits produzierte Stücke so auch im Umlauf."

Die 37-jährige Kamila Linhart hat selbst ein Faible für Luxushandtaschen
Die 37-jährige Kamila Linhart hat selbst ein Faible für Luxushandtaschen © kamiempire

Stücke mit Geschichte

Dass jedes Second-Hand-Stück eine Geschichte hat, fasziniert nicht nur Linhart, sondern auch die Klagenfurterin Lisa Sonnberger, die das Designerkabinett am Klagenfurter Fleischmarkt betreibt. Dort finden sich nicht nur Second-Hand-Taschen namhafter Designer, sondern auch Accessoires und Kleidung. Die gelernte Politwissenschafterin hat ihre Leidenschaft mit dem Geschäft zum Beruf gemacht. "Ich bin selbst ein großer Fan von Designer-Taschen und habe es immer erschreckend gefunden, um welchen Preis Privatpersonen versucht haben, ihre Handtaschen weiterzuverkaufen. Die realen Preise für Stücke aus zweiter Hand liegen oft niedriger, es kommt auf die Art der Tasche an. Deshalb ist es mir so wichtig, unsere Produkte zu realistischen Preisen weiterzuverkaufen."

Lisa Sonnberger betreibt das Designerkabinett in Klagenfurt
Lisa Sonnberger betreibt das Designerkabinett in Klagenfurt © Privat

Vor allem Klassiker seien bei den Kunden beliebt, so die Klagenfurterin. "Die lassen sich auch leicht verkaufen, weil sie überall dazu passen. Für Sammlerstücke ist der Markt sehr klein." Vor allem in den letzten Jahren habe sich die Second-Hand-Kultur immer weiter entwickelt, weiß Sonnberger. "Wir leben in einer Welt des Überschusses, indem Menschen in bereits existierende Mode investieren, wollen sie dieser Entwicklung entgegenwirken und dabei vielleicht noch zu einem günstigeren Preis ihre Traumhandtasche erwerben", erklärt Sonnberger das Phänomen.

Ein geschultes Auge

Dass der Wert der Tasche auch bei Wiederbenützung nicht verloren geht, ist auch Linhart ein Anliegen. "Bloß weil die Tasche vorher schon einmal getragen wurde, verliert sie für mich nicht an Wert. Ich liebe es, gebrauchte Taschen für den nächsten Kunden oder die nächste Kundin herzurichten. Für den Käufer zählt nicht nur das Produkt selbst, sondern auch das Rundherum."

Vor allem Designertaschen werden immer wieder gefälscht, das Erkennen von Originalen erfordert Fachwissen. "Mit der Zeit entwickelt man ein geschultes Auge, die Stücke müssen unterschiedliche Kriterien erfüllen und man lernt, indem man sich mit der Materie beschäftigt", weiß Linhart. Sonnberger nutzt zudem das Programm "entrupy" zur Verifizierung. "Die Arbeit mit Luxusgütern macht einen aber schon ein wenig paranoid, weil es wirklich auf Kleinigkeiten ankommt", scherzt die Kärntnerin.