Wenn am 20. Juni um 5.02 Uhr im Dachstein-Gebiet die Sonne über dem Horizont aufgeht und den Gletscher rot einfärbt, dann wird man diesen Vorgang ausnahmsweise hören können. Verantwortlich dafür ist ein niederländisches Klangkünstlerduo, das im Rahmen von La Strada die Landschaft zum Konzertsaal macht. Eine einmalige Aufführung, eingebettet in eine umfassende Kooperation von drei Bundesländern, drei Gemeinden, Freiwilligen aus mehreren Alpinorganisationen und in enger Zusammenarbeit zwischen Kultur und Wissenschaft. Ein musikalischer Kraftakt in knapp 3000 Meter Höhe. 

Von einem seit Jahren geplanten Projekt, "das den Gletscher ins Herz nimmt", spricht Werner Schrempf, der als La-Strada-Intendant den respektvollen Umgang mit Berg und Gletscher betont: "Es geht in erster Linie um den Gletscher und die Frage, wie man dem Landschaftsraum, den es nicht mehr allzu lange geben wird, ein Ohr schenken kann. Dieser Gletscher wird nicht irgendwann in ferner Zukunft, sondern noch zu Lebzeiten vieler Teilnehmerinnen und Teilnehmer verschwinden", glaubt Schrempf. "Signal am Dachstein" – der Titel der Landschaftsoper – ist ein vorgezogenes Großprojekt der heurigen La-Strada-Saison. Das traditionelle Straßen- und Figurentheaterfestival findet vom 30. Juli bis 7. August statt.

Beschallte Strände und Städte

Akustische Interventionen sind das Spezialgebiet der Künstler Rob van Rijswijk und Jeroen Strijbos. Sie beschallten schon Nordseestrände, niederländische Deiche oder das französische Dorf Arbas am Fuß der Pyrenäen. Im Vorjahr machten sie – bei La Strada – in Graz Station.
Bevor die Niederländer im Juni mit mehreren Sopranistinnen und der Ramsauer Tonkünstlerin Katharina Pfennich auf dem Dachstein im Morgenlicht ihre weitläufige Installation erklingen lassen, steht das Vorprogramm an: "Ouvertüren" nennt La Strada die sechs Gruppen, die am Morgen des 20. Juni auf dem Massiv sternförmig aufeinandertreffen werden.

Rob van Rijswijk und Jeroen Strijbos am Dachsteingletscher.
Rob van Rijswijk und Jeroen Strijbos am Dachsteingletscher. © KK

Sternenmarsch auf den Berg

Das Publikum reist in der "Ouvertüre 1" gemeinsam per Bus an. Die weiteren fünf Ouvertüren sind jeweils einem Thema gewidmet (Geologie, Glaziologie, Artenvielfalt, Wald und Weide, Meteorologie), verantwortet von Mitgliedern aus Wissenschaft, Kunst und Musik. Aus verschiedenen Richtungen, inhaltlich und geografisch, nähern sie sich dem Phänomen Dachstein an.

Die Klanglandschaft über der Eis- und Schneelandschaft, der vermeintlich Ewigkeit zugeschrieben wurde und die tatsächlich ein Vergänglichkeitsraum ist, wird flankiert von Schulprojekten (mit der MS Schladming), akustischen Höhlenbegehungen und am 18. Juni mit einer Diskussionsrunde über die Authentizität von Landschaft, an der unter anderem Schauspielerin Fanny Krausz und Regisseurin Catalina Molina teilnehmen werden.

Schon einmal verlegte Schrempf La Strada in seine Heimat Ennstal: 2010 sorgte ein Projekt des chinesischen Künstlers Ai Weiwei für Debatten. Diesmal wird kein Stein, sondern Klang auf das Dachsteinmassiv gebracht.

"Signal am Dachstein" findet am 20. Juni zum Sonnenaufgang statt und ist ein Klangprojekt von La Strada. Mitzubringen sind wetterfeste Kleidung und festes Schuhwerk. Informationen und Anmeldung unter: www.lastrada.at