Seine Familie kann man sich bekanntlich nicht aussuchen, aber Schauspieler JustinTheroux hat es dennoch gut getroffen – als Neffe des berühmten Reiseschriftstellers Paul Theroux. Beide sind ausführende Produzenten bei der Serienadaption des Theroux-Klassikers "The Mosquito Coast" aus den 1970er-Jahren, die morgen auf Apple TV+ ihre Premiere feiert. Justin Theroux schlüpft auch in die Rolle des exzentrischen Erfinders und Konsumkritikers Allie Fox, den schon Harrison Ford in der Filmadaption 1986 gespielt hat.

Mit einem Vorteil für Theroux, wie er im Videointerview mit der Kleinen Zeitung verrät: "Das war der große Luxus beim Drehen, dass ich eine Beziehung zum Autor habe. Ich konnte mit Paul über die Rolle sprechen – wann ist es zu viel, wann zu wenig?" Denn Allie Fox ist alles andere als ein einfacher Charakter. Für Justin Theroux ist er gleichsam "ein Antiheld. Eine dieser tragischen Figuren, bei der die Versprechen immer größer sind als die Realität. Er versucht, sein eigenes Shangri-La zu finden, doch in der Realität ist er weit davon entfernt".

Die Serie lehnt sich in wichtigen Eckpunkten am Original an, aber sie macht die Familie, anders als in der literarischen Vorlage, nicht nur zu Auswanderern, sondern vor allem zu Flüchtenden: Allie Fox und seine Frau Margot (Melissa George) stehen auf der Fahndungsliste der Regierung. Sie müssen in erster Linie mit den beiden Teenager-Kindern Charlie und Dina (Gabriel Bateman und Logan Polish) das Land verlassen.

In den sieben Folgen der ersten Staffel legt man keine große Eile am Abarbeiten des Romans an den Tag, sondern nutzt die abenteuerliche Reise in Richtung Paradies, um mehrere hoch aktuelle Themen zu verhandeln: die utopische Sehnsucht vom Ausstieg aus einer Konsumgesellschaft, die Dynamik zwischenmenschlicher Abhängigkeitsverhältnisse und das Thema Migration zwischen Mexiko und den USA. Die Suche nach dem individuellen Paradies gipfelt hier in einer geradezu skurrilen Situation, als die Fox-Familie im Wüsten-Grenzgebiet auf mexikanische Flüchtlinge trifft, die wiederum ihr Bild vom Paradies in den USA verwirklicht sehen.

Gedreht wurde vor Ort, so Justin Theroux: "Wir drehten an der Grenze zwischen den USA und Mexiko. Dort realisierst du, was das für eine schreckliche Reise sein muss, wenn du versuchst, diese Grenze zu überqueren. Dieses riesige Areal, wo rein gar nichts ist. Eine brutale Wüste, klirrend kalt in der Nacht und irre heiß am Tag. An vielen Orten, wo wir drehten, waren Warnschilder aufgestellt, die Grenze nicht zu überqueren."

Auch für Drehbuchautor Neil Cross ("Luther") war das Migrationsthema zentral, das er immer wieder bildlich-symbolhaft in Form von Monarchfaltern einstreut: "Die Falter sind eine wichtige Metapher für Migration." Alljährlich wandern die Schmetterlinge von den USA in ihre Winterquartiere nach Mexiko – ein federleichter Flug über alle Grenzen.
So leicht macht es Drehbuchautor Cross der Familie Fox nicht, die auf ihrer Reise mit viel Gegenwind zu kämpfen hat: Nicht nur innerfamiliär, wo Erfinder Fox seiner Familie seine individuelle Utopie vom Paradies aufbürdet und mit einer komplexen Mischung aus Charisma und Autorität den brüchigen Zusammenhalt aufrecht hält. Ihre Gegner, von Drogenbossen bis hin zum Auftragskiller, walten als absolute Herrscher in ihren Mikrokosmen.

Darf das als Spiegelbild unserer Welt gesehen werden? "Ja, exakt!", gibt Neil Cross Einblicke in seinen Kreativprozess: "Für mich, der ein Problem mit Autoritäten hat, ist das ein wichtiges Thema. In der Serie versuchen wir Machtverhältnisse zu erkunden. Wie Menschen physisch, psychisch oder emotional versuchen andere zu kontrollieren und zu dominieren."

Serie "The Mosquito Coast", Ab morgen auf Apple TV+.