Die Essenz des Abends kommt tatsächlich zum Abspann: „There’s a fine line between love and hate“ (Es ist eine feine Linie zwischen Liebe und Hass), wie es im Lied „Liberation“ von OutKast heißt. Die beiden Protagonisten Malcolm (John David Washington) und Marie (Zendaya) loten die Dehnbarkeit dieser Linie an diesem Abend vortrefflich aus. Und es war ein guter Abend – zumindest für Filmemacher Malcolm, der mit seiner Freundin Marie gerade von der Premiere kommt. Er: aufgeputscht von den Schmeicheleien der Kritiker. Sie: sichtlich genervt. Seine beiläufige Fragerei nach der Ursache – um schnell wieder in den Partymodus zu kippen – wirkt wie der Funke an der Zündschnur einer Dynamitstange. Die gut ausgeleuchtete Villa wird zur Boxarena.

Es geht um die Macht der Kränkung, die sich in beide eingeschlichen hat – bei einem Paar, das schon viel erlebt und durchlebt hat. Die Eruption war nur mehr eine Frage der Zeit. Der Auslöser: Er hat sie bei der Dankesrede nicht erwähnt. War sie, die ehemalige Drogenabhängige, nur die Muse für seine Hauptdarstellerin, unbedankt und abgefilmt? „Eine beschissene Tragödie war ich für dich.“ Und so schickt Regisseur Sam Levinson, Mastermind hinter der Serie „Euphoria“, seine Protagonisten aus, um im emotionalen Psychozweikampf den Sieger zu ermitteln. Wer braucht wen mehr und wer benutzt den anderen als Boje im so dahintreibenden Leben? Man kratzt und schürft, man beleidigt und liebt, man hasst und begehrt, doch Antworten bleibt man schuldig.

Ein Kammerspiel in einem Scherenschnitttheater, als Zuschauer blickt man während der 106 Minuten nicht und nicht hinter die Fassade. Nicht, dass die gegenseitig zugefügten Blessuren nicht tief genug wären, aber es fließt halt doch nur Theaterblut. Vielleicht hätte man die Seitenhiebe auf Filmkritiker und den Authentizitätsdiskurs in der Filmbranche weglassen sollen, dann wäre mehr Zeit für nuanciertes Kochen gewesen: also langsames Sieden statt dramatisches Hochbrodeln.