Ein waschechtes Rockalbum "made in Detroit" sollte es werden: Und so klingt die neueste, am Freitag erscheinende Studioarbeit von Alice Cooper dann auch tatsächlich. "Detroit Stories" hält, was der Titel verspricht. "So lange Rock and Roll für Rebellion, Zorn und Spaß steht, wird er nicht sterben. Also nie!", sagte Cooper im APA-Interview über seine Zunft. Er selbst sei des Genres "nie überdrüssig" geworden: "Ich habe mich ja auch immer wieder neu erfunden."

Der Altmeister des Schockrocks widerspricht daher seinem Kollegen Gene Simmons von Kiss: "Er hat gemeint, dass Rockmusik tot sei. Das glaube ich überhaupt nicht. Gerade jetzt stehen Kids in Garagen und lernen Songs von Guns N' Roses, Aerosmith, Green Day, Alice Cooper. Wenn man sich die Musikentwicklung anschaut, haben doch immer die Rockbands überlebt. Es gibt einen Grund, warum die Rolling Stones nach 50 Jahren noch immer touren."

Corona "furchtbar"

Cooper meldete sich bestens gelaunt aus Arizona: "Hier hat es 27 Grad", schwärmte er. Als leidenschaftlicher Golfer freue er sich darüber, dass dort die Plätze während der gesamten Pandemie nicht geschlossen wurden. Corona sei natürlich furchtbar, aber "hier bekommt gerade jeder seine Impfung", erzählte der Sänger. "Alle Kinos, Restaurants und Geschäfte in Arizona sind offen, alles. Jeder soll Abstand halten und eine Maske tragen, das ist schon ok."

Die Grundidee zu "Detroit Stories" arbeitete Cooper mit Bob Ezrin aus, der schon seine Klassiker wie "School's Out" und "Welcome To My Nightmare" produzierte. "Wir wollten ein wirklich starkes, von Gitarren geprägtes Hardrock-Album machen. In Amerika ist Detroit die Heimat des Hardrock. Also sagte ich: Ok, lass uns nach Detroit gehen, lass uns dort die Songs schreiben und dort auch aufnehmen", berichtete der 73-Jährige. "So konnten wir das Detroit-Feeling einfangen. Und außerdem wollten wir Musiker aus Detroit hinzuziehen."

So wirkten Wayne Kramer (MC5), Mark Farner (Grand Funk Railroad) und die Kollegen aus der Zeit mit, als der Name Alice Cooper noch für eine Band und nicht nur für den Sänger stand. "Wir haben alle Arten von Detroit-Musik abgedeckt", schwärmte Cooper. "Man findet auf dem Album einen Motown-Song, einen Blues, einen Punksong, Rock and Roll - alles zusammen ergibt ein Detroit-Hardrock-Album. Und es ist klar Alice Cooper, das hört man sofort!"

Als Vorboten hatte die Plattenfirma den Song "Rock & Roll" aus der Feder von Lou Reed ausgekoppelt. "Lou schrieb diesen Song, als er Mitglied von Velvet Underground war. Sie spielten das Lied im Stil des 1970-New-York-Heroin-Chic. Das war cool. Aber Bob und ich dachten uns: Warum nehmen wir den Song nicht nach Detroit mit, bauen einen V8-Motor ein und verwandeln ihn in einen Monster-Rocksong. Genau das haben wir gemacht! Seine Witwe, Laurie Anderson, sagte zu uns, Lou würde unsere Version lieben."

Gecovert wurde auch ein Song von Bob Seger und "Sister Anne" von MC5. "Wir haben keine Hits gesucht, sondern spezielle Nummern", betonte Cooper. "Bob Seger war total überrascht, dass wir uns ausgerechnet 'East Side Story' von ihm vornehmen wollten. Er meinte, er könne sich an das Lied selbst gar nicht mehr erinnern. Aber ich bin im Osten Detroits auf die Welt gekommen - und der Song erzählt eine großartige Geschichte. Grund genug, das Lied zu cooperisieren."

Natürlich findet man auf dem Album auch jede Menge Cooper-Kompositionen, auf denen sich der Amerikaner richtig austobt. Über "Shut Up And Rock" erzählte er: "Der Song ist aus der Sicht eines komplett politisch inkorrekten Typen geschrieben. Er sagt seiner Freundin, dass ihm ihr Yoga, ihre neue Tasche oder ihre politischen Ansichten nicht interessieren. Sie soll einfach den Mund halten und rocken. Das kann man heute natürlich nicht mehr sagen."

Alice Cooper hat oft der Gesellschaft einen Spiegel vorgehalten und mit seinen Songs provoziert. Gab es früher dafür Tadel von der einen, kommt Kritik heute oft von der anderen Seite. "Wir gelangen bald an einen Punkt, an dem es keinen Komödien mehr gibt, weil man Angst hat, irgendjemanden mit einem Gag zu beleidigen", seufzte Cooper. "Dabei kann die Mehrheit einen Gag von einer Beleidigung wohl unterscheiden. Aber das ist wie in der Politik: Eine Minderheit mit extremen Ansichten macht all die Probleme."

Kräftig wirken auf "Detroit Stories" seine Kollegen aus den ganz frühen Tagen mit. Laut Alice Cooper waren dafür keine Aussprachen oder Versöhnungen notwendig: "Wenn sich Bands auflösen, dann hassen sich meistens die Bandmitglieder und es folgen jede Menge Prozesse. Als unsere Band zerbrach, war das keine Scheidung, wir sind einfach auseinandergegangen und beste Freunde geblieben. Wir haben immer wieder bei unterschiedlichen Projekten gemeinsam musiziert und sind stets in Kontakt geblieben. Die Burschen sind so gut wie eh und je."